Nachdem Mehrbelastungen für die Beschäftigten von 30 Milliarden Euro beschlossen wurden, hat das Bundeskabinett am 12. Juli die Eckpunkte der Unternehmenssteuerreform verabschiedet. Kernpunkt ist die Senkung der Steuerbelastung für Unternehmen von knapp 39 auf unter 30 Prozent ab dem Jahr 2008. Dies bedeutet Steuergeschenke an die Unternehmen in Höhe von bis zu acht Milliarden Euro pro Jahr. Das Gesetz soll bis Mitte 2007 verabschiedet werden. Das parlamentarische Verfahren dazu beginnt in diesem Herbst.
von Ianka Pigors, Hamburg
Von dem neuen Steuergeschenk profitieren wieder die, denen es ohnehin sehr gut geht. Die Zahl der Unternehmen, die mehr als eine Milliarde Euro Gewinn im Jahr einfahren, ist von 2004 auf 2005 von 14 auf 21 gestiegen (FAZ vom 4. Juli). Dennoch ist das Milliardengeschenk dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) noch nicht groß genug. Er fordert unter anderem die Abschaffung der Gewerbe- und Körperschaftssteuer. Dabei wurde die Körperschaftssteuer, die wichtigste Unternehmenssteuer, schon 2001 unter Rot-Grün von 42 auf 25 Prozent gesenkt und soll von der CSU/CDU/SPD-Regierung nun nochmals halbiert werden.
Griff in unsere Taschen
ArbeiterInnen werden in Zukunft steuerlich viel stärker belastet. Die Erhöhung von einkommensunabhängigen Massensteuern wie der Mehrwertsteuer ist besonders ungerecht. Egal ob Sozialhilfeempfänger oder Multimillionär, die Steuererhöhung auf Gebrauchsgüter wie Lebensmittel trifft beide gleich hart. 1960 betrug die durchschnittliche Lohnsteuerbelastung 6,3 Prozent, die für Vermögen und Gewinne 20 Prozent. Heute ist das Verhältnis umgekehrt. Die Löhne sind mit 17,7 Prozent belastet, Vermögen und Gewinne lediglich mit 5,3 Prozent.
Gleichzeitig gehen die Reformen gegen uns auch in anderen Bereichen weiter: Verschärfung der Hartz-Gesetze, Ausweitung des Niedriglohnsektors, Studiengebühren…
Spitzensteuern rauf, Massensteuern runter
Es geht nicht darum, die eine oder andere Kürzungsmaßnahme zu kritisieren, sondern den derzeitigen politischen Kurs radikal umzukehren. Die Mehrwertsteuer müsste gesenkt oder abgeschafft werden. Stattdessen sollten Einkommen stark progressiv besteuert werden, so dass die Steuerlast mit zunehmendem Einkommen ansteigen würde. Gerechter wäre das allemal. Durchschnittsverdiener würden erheblich weniger Steuern zahlen. Hohe Einkommen, die für Luxusausgaben oder zur Anhäufung von Reichtum genutzt werden, würden dementsprechend stärker besteuert. Zudem sollte die Vermögenssteuer wieder eingeführt werden.
Solche Vorschläge werden – wenn auch in abgeschwächter Form – von der Linksfraktion im Bundestag vorgebracht. Allerdings werden die Konzerne und Großverdiener, die mit Hunderten von Lobbyisten und ihrer gewaltigen wirtschaftlichen Macht Druck auf die Regierungen ausüben, sich nicht überreden lassen, ihre Profitinteressen zu opfern, damit eine Arbeiterfamilie nötige Arztbesuche zahlen, vernünftig Urlaub machen oder ihr Kind auf die Universität schicken kann.
Beim Protest ein paar Schippen drauflegen
Mit ein paar schönen Gesetzesentwürfen und symbolischen Aktionen kommt man nicht weit. Erst recht nicht mit Kaffeekränzchen bei Politikern, wie es die DGB-Oberen mögen. Notwendig ist entschlossene Gegenwehr. Deshalb ist der vom DGB geplante Aktionstag am 21. Oktober ein überfälliger Schritt in die richtige Richtung. Da einzelne Kräfte im DGB diesen Termin schon wieder in Frage stellen wollen, gilt es jetzt, Druck zu machen, dass daran festgehalten wird. Zudem kommt es darauf an, Lohnabhängige, Erwerbslose und Jugendliche in die Vorbereitungen einzubeziehen, massenhaft zu mobilisieren und die Weichen für Streikmaßnahmen zu stellen. Schließlich können Demonstrationen nur ein Anfang sein. Dafür muss der heutigen DGB-Spitze Feuer unterm Hintern gemacht werden. WASG und Linkspartei.PDS, allen voran die Bundestagsfraktion der Linken, müssen alle Möglichkeiten ausschöpfen, die geplanten Proteste bekannt zu machen und mit vorzubereiten. Außerdem ist es nötig, Diskussionen über die nächsten Kampfschritte und über Alternativen zum Profitsystem zu führen. Diskussionen über eine andere, sozialistische Gesellschaft – in der die Wirtschaft den Bedürfnissen der Menschen dient und kein Selbstbedienungsladen für eine reiche Minderheit ist.