Kommentar von Lucy Redler
Anfang Juli stimmte das Land Berlin im Bundesrat der Föderalismusreform zu. Auch die Berliner Linkspartei.PDS war – im Gegensatz zur Bundestagsfraktion der Linken – dafür, obwohl der Abwärts-Wettbewerb der Länder untereinander dadurch verschärft wird. Dem Berliner Senat, der sich die Haushaltskonsolidierung um jeden Preis auf die Fahnen geschrieben hat, kommt die Deregulierung und Flexibilisierung zu Lasten der Beschäftigten gerade recht. Das zeigt das Beispiel der Ladenschluss-Regelung.
Elf Länder, inklusive Berlin, haben bereits angekündigt, den Ladenschluss zwischen Montag und Samstag komplett abzuschaffen. Noch in dieser Legislaturperiode soll der Senat den Gesetzentwurf beschließen, wenn es nach Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (L.PDS) geht. Einzig die rot-rote Regierung in Mecklenburg-Vorpommern setzt noch einen drauf. SPD und L.PDS im Nordosten wollen die Beschäftigte im Einzelhandel auch noch am Sonntag arbeiten lassen.
Seit Jahren müssen sich die Beschäftigten im Einzelhandel gegen den zunehmenden Verdrängungswettbewerb, angeheizt durch die Veränderungen beim Ladenschluss, zur Wehr setzen. Denn diese Konkurrenz führt zu Arbeitsplatzvernichtung, Ausdünnung der Innenstädte und dient nur den großen Handelskonzernen mit ihren Einkaufs-Centern auf der grünen Wiese. Auch der Berliner SPD/L.PDS-Senat tritt nun die Interessen der Beschäftigten mit Füßen.
Seit 2004 übersteigt die Zahl der Teilzeitarbeitsplätze die Zahl der Vollzeitstellen im Einzelhandel. Während seit 2000 über 250.000 Vollzeitstellen vernichtet wurden, gibt es nun 170.000 geringfügig Beschäftigte mehr – außerhalb der normalen Sozialversicherungspflicht und -absicherung. So die Frankfurter Rundschau vom 6. Juli. Dieser alarmierende Trend wird mit den angestrebten Ausweitungen der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten weiter forciert werden.
Als Argument für längere Öffnungszeiten wird ins Feld geführt, dass auf diese Weise der Umsatz angekurbelt werden könnte und somit alle profitieren. Nur: Der Masse der Bevölkerung fehlt nicht die Zeit einzukaufen, sondern das Geld.
Die L.PDS müsste alles daran setzen, gegen Arbeitsplatz- und Sozialabbau Widerstand zu organisieren. Widerstand, der sich auch gegen die weitere Demontage des Ladenschlussgesetzes richten müsste. VertreterInnen der Linkspartei dürfen sich nicht an einem Wettbewerb zwischen den Kommunen beteiligen. Vielmehr gilt es, sich städte- und länderübergreifend gegen die Umverteilungspolitik zu wehren – gemeinsam!
Die Aushebelung des Ladenschlusses wird zu dramatischen weiteren Einsparungen beim Personal führen. So erwartet Erika Ritter von ver.di, dass viele Voll- und Teilzeitkräfte durch Aushilfen ersetzt werden. Es sei zudem mit Lohnkürzungen bei den 20- bis 60-prozentigen Lohnzuschlägen für abendliche Arbeitszeiten zu rechnen.
Die L.PDS begründet ihren Vorstoß zur Abschaffung des Ladenschlusses interessanter Weise auch mit der Zustimmung der anderen Parteien. So meinte die Sprecherin von Knake-Werner, Roswitha Steinbrenner, kürzlich: „Ich wüsste auch keine andere Partei – außer vielleicht die WASG –, die die Ladenöffnungszeiten anders regeln will.“
Ich auch nicht.