Das US-"Empire" steckt in der Krise      

Peter Taaffe untersucht die Perspektiven für den US-Imperialismus   


 

Die Vereinigten Staaten sind die stärkste Macht, die die Welt je gesehen hat. Sie haben eine Armee von mehr als 1,25 Millionen Menschen. Mehr als eine halbe Million SoldatInnen, SpionInnen, TechnikerInnen, LehrerInnen und MitarbeiterInnen ziviler Subunternehmen sind in anderen Ländern stationiert. Sie unterhalten ein knappes Dutzend jederzeit einsatzfähiger Kampfverbände auf sämtlichen Weltmeeren und versuchen laut ihrer Doktrin des „vollen militärischen Spektrums“ das Weltall zu dominieren.

Dieses „neue Rom“ – der US-Kommentator Chalmers Johnson spricht von einem „Imperium der Militärbasen“ – verfügt über 725 offiziell registrierte Stützpunkte auf der ganzen Welt. Inoffiziell gibt es zumindest 1.700 militärische Einrichtungen. Der Militärhaushalt dieses Reiches ist seit dem 11. September 2001 in die Höhe geschnellt. Die Ausgaben sind nun beinahe so hoch wie die Militärausgaben aller anderen Länder zusammen.

Das „neue Rom“

Nach den Anschlägen auf das World Trade Center 2001 hat der US-Imperialismus versucht, sein militärisches Potenzial einzusetzen um eine unipolare Welt zu schaffen, in der seine Vorherrschaft unangefochten ist.

Tatsächlich behauptete ein Kommentator „dass es kaum eine prominente Figur in den USA gegeben hat, die angezweifelt hätte, dass die USA bis ans Ende aller Tage die einzige militärische Supermacht bleiben wird“. Schon vor dem 11. September 2001 stellte ein anderer fest: „Amerika ist nicht nur ein Teil der internationalen Staatengemeinschaft. Es ist die dominierende Macht in der Welt, die dominanteste wahrscheinlich seit Rom. Amerika hat die Macht Normen zu setzen und zu verändern, Erwartungen zu prägen und neue Realitäten zu schaffen. Wie? Durch die unzweifelhafte und unangreifbare Demonstration von Willenskraft.“

Die Attacke von Al Qaida auf die USA war für Bush der Vorwand, um diesen Traum der neokonservativen Clique umzusetzen, die ihn seit seinem ersten Tag im Amt umgab. Das erste Ziel war Afghanistan, dann Irak, dann sollte der Iran zu Boden gerungen und der gesamte Nahe Osten unterworfen werden. Das war Teil des großen Plans, das informelle Reich des US-Imperialismus in ein offenes „neues Rom“ zu verwandeln.

Es hat Jahrhunderte gedauert, bis das Römische Reich zusammengebrochen ist. Bushs Imperium jedoch versinkt nach weniger als einem Jahrzehnt im Sand des Irak, in den Bergen von Afghanistan und dem Chaos von Somalia. Die Gründe für den überstürzten Rückzug des US-Imperialismus sind von der Socialist Party und dem Komitee für eine Arbeiterinternationale (engl. Abkürzung CWI) bereits analysiert worden. Wir haben argumentiert, dass der Einsatz einer überwältigender Militärmacht allein nicht erfolgreich sein kann. Dieser Einsatz würde eine massive nationale und soziale Revolte heraufbeschwören, die auch innerhalb der Grenzen der USA Auswirkungen hat.

Opposition

Die Auswirkungen davon sind sichtbar: Die Zustimmung für Bush ist im Mai auf 31% gesunken – ein nie dagewesenes Tief. Er ist der unpopulärste Präsident seit 1945, abgesehen von dem verhassten Nixon, der in Folge des Vietnam-Krieges und dessen Nachwehen in Form des Watergate-Skandals aus dem Amt gefegt worden war.

Ein Ende des Horrors im Irak ist nicht absehbar. Die schrecklichen Massaker von Haditha erinnern an ähnliche Exzesse im Vietnam-Krieg, symbolisiert durch das Massaker von My Lai, bei dem mehr als 500 Männer, Frauen und Kinder umgebracht wurden. Der Unterschied dieses Mal ist, dass die schrecklichen Ereignisse von Haditha wesentlich schneller ans Tageslicht gekommen sind als jene von My Lai.

Die Ablehnung der Besatzung des Irak durch die US-Bevölkerung ist jetzt größer als zu Zeiten des Vietnam-Kriegs. Sechs von zehn AmerikanerInnen glauben mittlerweile, dass die Invasion des Irak 2003 ein „Fehler“ war. Das hat Senatoren, die gewöhnlich als Falken gelten (= die für einen harten Kurs stehen, d. Übers.), wie zum Beispiel John Murtha, gezwungen, einen raschen Abzug der Truppen aus dem Irak zu fordern. Allerdings ist es eine Sache, sich in einen Sumpf hinein zu begeben, eine andere aber, sich daraus wieder zu befreien. Die britische Tageszeitung „The Independent“ kommentierte das Abstechen und Erschießen von Frauen und Kindern in Haditha: „Es ist offensichtlich, dass der Irak mit jedem Tag mehr dem Vietnam ähnelt.“

Bürgerkrieg?

Ja und Nein. Heute gibt es im Irak einen breiten nationalistischen Widerstand, wie damals in Vietnam, der die Form eines Aufstandes angenommen hat.

Allerdings beteiligen sich vor allem die fünf Millionen irakischen SunnitInnen am Aufstand. Die Tötung von Al-Zarkawi – der in jedem Fall eine untergeordnete Rolle im Widerstand spielte – wird nichts dazu beitragen, diese Bewegung zu bezwingen. Das haben sogar Bush und Blair zugegeben. Zur Zeit von Saddam Husseins Gefangennahme und dem Tod seiner Söhne haben beide noch behauptet, das sei der Wendepunkt.

Die KurdInnen und SchiitInnen, welche die Mehrheit der Bevölkerung des Irak bilden, haben aus unterschiedlichen Gründen entweder die US-Invasion unterstützt (KurdInnen) oder sie zumindest toleriert (SchiitInnen). Vor allem die herrschende schiitische Schicht arbeitet mit den USA und Großbritannien zusammen, um ihre eigenen Machtansprüche umzusetzen. Allerdings „ähnelt (jetzt) die Ablehnung der US- und britischen Truppen durch die Schiiten der Haltung der Sunniten am Beginn des Guerillakrieges.“ (Patrick Cockburn, „The Independent“, 24.5.2006).

Gleichzeitig nimmt der nationale Konflikt zwischen SchiitInnen (60% der Bevölkerung), den SunnitInnen und den KurdInnen die Form eines das Land spaltenden Bürgerkrieges an, mit Anschlägen und Vergeltungsschlägen, nach dem Prinzip „Auge um Auge“. Dieser Konflikt ist auf kapitalistischer Basis nicht zu lösen.

Das ist der entscheidende Unterschied zu Vietnam. Die Opposition gegen den US-Imperialismus in Vietnam wurde hauptsächlich durch Ho-Chi-Minh und die nationale Befreiungsfront FNL vereint. Diese überwiegend stalinistisch-nationalistischen Kräfte hatten ein Programm sozialer Befreiung der überwiegend bäuerlichen Bevölkerung.

Im Irak gibt es keine derartige Kraft. Die USA könnten nicht ihren „Sieg“ erklären und die Macht an eine solche Kraft übergeben und ihre Truppen dann nach Hause bringen. Es ist völlig klar, dass die 132.000 SoldatInnen starken US-Truppen, mit Rückendeckung einer kleinen britischen Besatzungstruppe, unfähig sind, die Situation zu kontrollieren. Durchschnittlich 60 Mal pro Monat wurden die britischen Einheiten seit Beginn des Jahres angegriffen. 1.000 britische Soldaten sind seit Beginn des Krieges 2003 für jeweils mehr als 30 Tage ihrer Einheit ferngeblieben (AWOL – absent without leave – Fernbleiben ohne Erlaubnis – bezeichnet im englischen Sprachgebrauch sowohl Desertation als auch zeitweiliges Fernbleiben von der Truppe; d. Übers.).

Die USA versuchen daher eine irakische „nationale Armee“ zu basteln, die zur Zeit über 230.000 Soldaten verfügt und bis zum Ende nächsten Jahres auf 320.000 Mann aufgestockt werden soll. Allerdings, wie Kommentatoren in bürgerlichen Zeitungen wie dem „Independent“ zur Kenntnis genommen haben, „fühlen sich diese Kräfte den sunnitischen, schiitischen und kurdischen Gemeinschaften verpflichtet und nicht der zentralen Regierung. Das Problem liegt weniger in der Ausbildung als vielmehr in der Loyalität.“

Sackgasse

Aus dieser sektiererischen Sackgasse kann man auf kapitalistischer Basis nicht entkommen. Das wird unglaublicherweise von den vermeintlichen Führern der „Stop the War“-Bewegung in Großbritannien nicht zur Kenntnis genommen.

Die Socialist Party fordert den sofortigen Truppenabzug aller fremder Truppen aus dem Irak, so dass die Menschen im Irak ihr Schicksal selbst bestimmen können. Allerdings ist ein völliger einseitiger Abzug durch die USA unwahrscheinlich. Sie haben den Irak angegriffen, um ihre Ölreserven zu sichern. Obwohl die meisten ihrer SoldatInnen (wie auch jene der britischen Armee und anderer Verbündeter) formell abgezogen werden könnten, ist es sehr unwahrscheinlich, dass sie alle 110 Stützpunkte, die sie im Irak halten, aufgeben werden.

Nur eine effektive nicht-sektiererische Bewegung der Arbeiter – KurdInnen, SchiitInnen und SunnitInnen, gemeinsam mit TurkmenInnen und anderen – kann völlig und dauerhaft den militärischen und wirtschaftlichen Würgegriff lösen, in dem der US-Imperialismus den Irak hält. Diese Bewegung müsste mit der Idee eines sozialistischen Irak verbunden werden, organisiert auf Basis einer demokratischen Förderation, die die Rechte aller Völker und Minderheiten des Irak garantiert.

Nichts ist utopischer als die Argumente von einigen „SozialistInnen“, die darauf beharren, dass allein durch den Abzug der Truppen die irakische Bevölkerung in Freundschaft, Friede und gegenseitiger Toleranz zusammenleben würde. Wenn sie selbst wirklich über ihr Schicksal bestimmen könnten, würden sie das wahrscheinlich tun.

Auf der Basis des Kapitalismus allerdings, mit dem historischen Erbe einer Spaltung, die von Imperialismus und Kapitalismus geprägt und von den Eliten der unterschiedlichen Gemeinschaften ausgebeutet und benutzt wurde, können diese sektiererischen Gräben wachsen, wie die Erfahrungen von Nordirland und, vielleicht noch tragischer, den Balkanländern zeigen.

Einige der Stimmen, die sich auf den Slogan „Rückzug der Truppen“ beschränken, haben in der Vergangenheit eine ähnliche Position bezüglich Nordirland eingenommen: „Zieht die britischen Truppen ab und Protestanten und Katholiken würden in Frieden zusammenleben.“ Dieses utopische Experiment ist allerdings nie umgesetzt worden, da der britische Imperialismus, obwohl er seine Kräfte gerne aus Nordirland abgezogen hätte, verstand, dass dies einen sektiererischen Bürgerkrieg ausgelöst hätte – allerdings als Folge ihrer eigenen Politik in der Vergangenheit. Daher haben sie sich trotz Bomben und Opfer auf den Dauerclinch mit der IRA einlassen müssen.

Ähnliche Argumente werden jetzt von Vertretern des US-Imperialismus aufgeworfen. Sie wollen die fortgesetzte militärische und vor allem wirtschaftliche Unterjochung des Irak rechtfertigen, auch wenn die Truppen formal in die Stützpunkte „zurückgezogen“ würden. Die Aufgabe der irakischen ArbeiterInnen und BäuerInnen ist es daher, ein Klassenbündnis zu bilden, das einen Ausweg aus dem täglichen Horror zeigen kann, der ihnen vom Imperialismus und den nationalen Eliten in ihrem Machtkampf aufgezwungen wird.

Wachsender Hass

Der Irak wird auf kapitalistischer Basis nie frei oder demokratisch sein. Das hat Bushs Besuch im Irak am 13. Juni gezeigt. Er sagte zum neuen irakischen Premierminister Nouri al-Maliki: „Ich habe den Willen meines Landes ausgedrückt mit Ihnen zu arbeiten, aber ich begrüße, dass Sie die Tatsache anerkennen, dass die Zukunft des Landes in Ihren Händen liegt.“ Allerdings hat der „unabhängige“ irakische Premier genau fünf Minuten davor von Bushs Besuch Bescheid bekommen, eine klare Demonstration der Beziehung zwischen „Cäsar“ und seinem Prokonsul im Irak.

Allerdings haben sich weder die irakische Bevölkerung noch die Bevölkerungsmehrheit in der neokolonialen Welt, die durch den „Krieg gegen den Terror“ auf Linie gebracht werden sollen, dadurch einschüchtern lassen. Der Slogan der römischen Führer in der Antike gegen ihre kolonialen Sklaven lautete „Sie dürfen uns ruhig hassen, solange sie uns fürchten“ (oderint dum metuant). Das war die wirkliche Philosophie von Bush und seiner Bande nach dem 9. September 2001. Als Folge der US-Aktionen seither hasst die Bevölkerungsmehrheit in der neokolonialen Welt die USA umso mehr, aber sie fürchtet sie nicht mehr!

Das Beispiel Somalia

Die Ereignisse im Irak, in Somalia, Afghanistan, dem Iran und anderswo unterstreichen das. Der Sieg der „Islamisten“ in Somalia, unterstützt von den lokalen Kapitalisten aber auch den einfachen Menschen in ihrer verzweifelten Suche nach einer Alternative zum unendlichen Chaos, stellt eine „niederschmetternde Niederlage für die US-Strategie der Terrorbekämpfung durch lokale Stellvertreter“ („The Guardian“) dar.

Seitdem der Diktator Mohammad Siad Barre 1991 aus dem Amt gedrängt worden war, stand das Land ohne anerkannte nationale Autorität unter der Knute von korrupten Kriegsherren, die unglaublichen Reichtum durch die Kontrolle von Häfen, Straßen und Flugfeldern angehäuft haben. Die USA haben diese Despoten gestützt aufgrund ihrer Angst vor einer „Talibanisierung“ Somalias. Durch diese Fehlkalkulation werden jetzt genau die Dinge bewirkt, die die USA verhindern wollten.

Bush hat damit gedroht, eine „neue Basis Al-Qaidas“ zu verhindern, aber nach dem schmählichen Rückzug der US-Truppen aus Somalia unter Clinton 1994 wird die USA nicht in der Lage sein erneut direkt militärisch einzugreifen. Den Islamisten wiederum wird es genauso wenig wie den Taliban in Afghanistan gelingen, einen neuen Weg des Friedens und Wohlstands für die leidende somalische Bevölkerung zu beschreiten.

Die Intervention der US- und britischen Truppen in Afghanistan hatte angeblich zum Ziel jegliche Überbleibsel der barbarischen Taliban zu eliminieren, die Macht der Kriegsherren zu zerschlagen und den feudalen Müll zu beseitigen, inklusive der Verfolgung und Diskriminierung von Frauen. Vier Jahre nach der Invasion weitet sich das Irak-Phänomen nach Afghanistan aus, mit Selbstmordattentaten in Kabul, der Rückkehr der Taliban im Süden des Landes und einer Mohnproduktion für den Drogenhandel auf einem Rekordhoch.

Das Beispiel Afghanistan

Die Einflusssphäre von Präsident Karzai, auch „Bürgermeister von Kabul“ genannt, reicht kaum über die Grenzen der Hauptstadt hinaus. Im Süden und im Grenzland zwischen Afghanistan und Pakistan „beherrschen die Taliban die Nacht“. Die mittelalterliche Barbarei ist zurückgekehrt, Schulen werden niedergebrannt, Frauen terrorisiert und gezwungen, in ihren Wohnungen zu bleiben. Die dünne Linie von US- und britischen Truppen ist unfähig die Stellung im Kampf gegen die Taliban zu halten. Daher versucht die Karzai-Regierung in ihrer Verzweiflung ein Bündnis mit den „Drogen-Kriegsherren“ und ihren Milizen einzugehen, um die Taliban zu bekämpfen.

Die 23.000 US-Truppen sind zusammen mit 9.000 Nato-Soldaten nicht fähig die Sicherheit des Landes zu garantieren. De facto wäre eine „Fremdenlegion“ von 150.000 Soldaten nötig um allein den Süden Afghanistans zu halten. Es droht der komplette Kollaps des Possenspiels der „demokratischen“ Karzai-Regierung, die sich lediglich auf die Bajonette der US-Truppen und der Briten stützt. In einem Verzweiflungsakt versucht Karzai auch eine Übereinkunft mit den Taliban oder zumindest einem Teil von ihnen im Süden zu treffen, so wie Pakistan das getan hat.

Das Beispiel Iran

Im Falle des Iran war die USA gezwungen ihre Politik zu revidieren, die sie seit 27 Jahren verfolgt und einem Regime, das laut Bush zur „Achse des Bösen“ gehört, Gespräche anzubieten. Obwohl Condoleeza Rice behauptete, dass sie gegenüber dem Iran einen harten Verhandlungskurs führen wolle und der Iran keine Erfolge auf dem Verhandlungswege erreichen würde, haben sich die USA verkalkuliert. Ihr Säbelrasseln hat das iranische Atomprogramm nicht gestoppt. Ein Beobachter merkte an, dass die Haltung der USA gegenüber dem Iran in der Frage von dessen Atomprogramm und der Möglichkeit von zukünftigen Atomwaffen sich auf ein Ultimatum beschränkte: „Gib mir deine Kanone und dann erschieße ich dich.“

Obwohl es eine breite Opposition zum Mullah-Regime in Teheran gibt, lehnt die Mehrheit der iranischen Bevölkerung die Drohungen von Bush und dem US-Imperialismus entschieden ab. Auch aufgrund der Geschichte von imperialistischer Intervention und nationalem Widerstand dagegen durch die iranische Bevölkerung.

Entgegen der Erwartungen von Bush, dass die Intervention im Irak den Iran schwächen würde, hat dies die Position des Iran als Regionalmacht im Nahen Osten enorm gestärkt. Durch die Kontakte des Regimes zur Hisbollah und aufgrund des Rückzugs Syriens aus dem Libanon, ist der Iran dort nun eine Macht geworden. Der Iran ist nun sogar eingesprungen, um die Hamas im Konflikt mit den palästinensischen Behörden finanziell zu unterstützen.

Ein Rekordhoch des Ölpreises und verstärkter Handel mit Russland, China und Indien haben dem Iran erlaubt, den Druck der USA gegen sein Atomprogramm gelassen hinzunehmen. Teile der US Regierung – angeführt, so scheint es, von Vizepräsident Cheney – wünschen nach wie vor eine militärische Lösung. Aber eine volle militärische Invasion im Iran, dessen Bevölkerung dreimal so groß ist, wie jene des Irak, ist ausgeschlossen. Luftangriffe auf die Nuklearanlagen des Iran sind allerdings als Option nicht vom Tisch, so die irrwitzige Perspektive der Bush-Regierung.

Aufgrund der Ablehnung dieser Option durch andere kapitalistische Mächte sieht es so aus, als ob die USA gezwungen wären, sogar diesen Plan auf Eis zu legen und sich besonders auf Europa, aber auch China und Russland zu stützen, um den Iran in Richtung eines Kompromisses zu drängen.

Wir, die Socialist Party und das CWI, sind gegen die Nutzung der Atomenergie durch den Iran, ganz zu schweigen vom Erwerb von Atomwaffen. Allerdings ist es zutiefst scheinheilig von den USA das iranische Regime zu verurteilen. Der Iran ist an allen Grenzen von Atommächten umgeben – einige, wie zum Beispiel Israel, bis an die Zähne vom US-Imperialismus bewaffnet.

Schwächung

Die geänderte Haltung der USA zum Iran verdeutlicht ihre geschwächte Position und ist ein Rückschlag für die Bush-Regierung und ihre Philosophie von Alleingängen und „vorbeugenden Militärschlägen“ gegen mögliche Gegner der USA.

Die militärische Macht der USA basiert nicht mehr wie in der Vergangenheit auf ihrer dominanten wirtschaftlichen Position. Die USA sind geschwächt aufgrund der Aushöhlung ihrer Wirtschaft durch De-Industrialisierung und aufgrund ihrer Abhängigkeit vom asiatischen Kapitalismus, insbesondere von China, das 7%ige US-Handelsbilanzdefizit mit Dollar-Reserven zu stopfen. Wie lange das fortgesetzt werden kann, ist eine andere Frage, wie wir in vorherigen Ausgaben des Socialist bereits dargelegt haben.

Eines aber ist klar: der Ruf des US-Imperialismus ist nicht unbefleckt geblieben, weder in der neo-kolonialen Welt noch anderswo. Faktisch ist die Gestaltung der Welt durch den US-Imperialismus bereits schwer angekratzt. Die Massenstreiks für die Rechte der EinwanderInnen in den USA, gekoppelt mit der Unzufriedenheit der US-ArbeiterInnen, sind Hinweise auf die gewaltige soziale Opposition, die sich in den USA selbst entwickelt. Auf internationaler Ebene zeigen die Bewegungen zum Beispiel in Frankreich und Chile die weltweite Ablehnung von Kapitalismus und Imperialismus.

Dies wird angeheizt durch die riesige Schere zwischen arm und reich, welche von Seiten der ArbeiterInnen jetzt in Frage gestellt wird und durch die massenhafte Opposition gegen den Krieg im Irak und die kriegstreiberischen Aktionen des US-Imperialismus weltweit. Noch haben diese Bewegungen keinen organisierten politischen Ausdruck in Form einer Massenpartei der US-Arbeiterklasse gefunden, aber die Handlungen des Bush-Regimes bereiten den Boden für genau solch eine Entwicklung.

Das brutale römische Imperium der Antike provozierte Sklavenaufstände – dieses moderne „Imperium“ wird es ihm gleichtun. Allerdings konnten die SklavInnen des alten Rom noch keine höhere Form von Produktion und Entwicklung der Gesellschaft erreichen. Die modernen LohnsklavInnen des Kapitalismus – sowohl in den entwickelten als auch in den neokolonialen Ländern – repräsentieren den Fortschritt der Menschheit, eine sozialistische Zukunft und eine global geplante Wirtschaft als Antwort auf Militarismus und Barbarei des US-Imperialismus und des Systems, auf dem er basiert.

Peter Taaffe ist Generalsekretär der Socialist Party in England und Wales und Mitglied im Internationalen Sekretariat des Komitees für eine Arbeiterinternationale. Er ist Autor zahlreicher Bücher, zuletzt über den britischen Generalstreik von 1926. Dieser Artikel erschien zuerst in der englischen Wochenzeitung The Socialist.