Zu wenig um das Gesetz zu kippen – zu viel um aufzugeben!

Am Mittwoch hat der Hamburger Senat die Einführung von Studiengebühren beschlossen Dagegen waren rund 2500 Menschen in Hamburg auf der Straße.
 
von Andreas Schmidtke aus Hamburg

Hamburger Senat bleibt sich treu: undemokratisch & unsozial

Der Hamburger Senat hat sich durch den leidenschaftlichen Protest auf der Straße von seinem Plan nicht abbringen lassen die Studiengebühren einzuführen. Das ist nichts Neues. Selbst nachdem Tausende beim Volksentscheid gegen den Ausverkauf der Hamburger Krankenhäuser (LBK) gestimmt hatten, setzte sich der Senat kaltschnäuzig über diese Mehrheitsentscheidung hinweg. Ob bei dem Ausverkauf der Krankenhäuser oder der Privatisierung der Berufsschulen- der Senat legt keinen Wert darauf auf die Betroffenen mit einzubeziehen. Nach Gutsherrenart verkündet er von oben herab seine Maßnahmen.

Auch auf sein soziales Gewissen müssen wir nicht hoffen. Die Vertreibung von Bettlern und Obdachlosen aus der Innenstadt, damit die heile FIFA-Fußballwelt nicht gestört wird, zeigt welche Prioritäten dieser Senat setzt.

Der einzige Weg bleibt weiterhin Widerstand zu organisieren.

Wird Raketen-Moni neue Unipräsidentin?

Als neue Uni-Präsidenten ist Prof.Dr.-Ing. Monika Auweter-Kurtz vorgesehen worden. Sie ist Raketenforscherin und Leiterin des Instituts für Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart.

Nebenbei ist sie sehr engagiert als Leiterin des „Steinbeis-Transfer-Zentrums für Plasma und Raumfahrttechnologie“ welches Ergebnisse der universitären Forschung für die Rüstungskonzerne nutzbar macht. Partner ist unter anderem der 100% Rüstungskonzern „Bayern-Chemie Protac“. Dieser Konzern liefert z.B. den Antrieb für die Meteorrakete des Jagdflugzeuges Eurofighter Typhoon. Auch von der U.S. Airforce wurde Frau Auweter-Kurtz schon für ihr Engagement im militärisch-industriellem Komplex ausgezeichnet. Dieser Vorschlag für die neue Uni-Präsidentin von Hamburg zeigt in welche Richtung die Umgestaltung der Universität gehen sollen: Universitäten, welche ganz im Dienste der Großkonzerne forschen. Gerade auch die Forschung nach neuen Mordwaffen wie z.B. Raketen ist erwünscht. Schließlich ist der deutsche Imperialismus einer der größten Waffenexporteure weltweit und rüstet sich zur weltweit agierenden Militärmacht auf. Gebührenpflichtige Eliteuniversitäten für Auserwählte sind dafür eine gute Vorraussetzung.

Guter Ansatz

Nicht nur Studierende aus Hamburg waren auf der Straße, sondern auch aus Kiel, Lüneburg, Hildesheim, Hannover, Berlin oder Frankfurt. .Nach der Demonstration haben sich einige Studentinnen getroffen, um den weiteren Protest zu koordinieren. Zeitgleich fand in Süddeutschland eine Süddemo statt. Diese bundesweite Vernetzung ist ein Erfolg und ein guter Ansatzpunkt für weiteren Widerstand. Mit einer landesweiten Bewegung haben wir bessere Chancen die Gesetze zu kippen.

Das sich SchülerInnen, sowie Gewerkschafter und Aktive aus der sozialen Bewegung an der Demonstration beteiligt haben ist ein weiterer guter Ansatzpunkt. Die Studentinnen haben klar gemacht, dass sie nicht nur für ihre eigenen Standesinteressen auf die Straße gehen. Ganz bewusst wurde die Brücke geschlagen zum Protest gegen Sozialabbau, Privatisierungen und Massenentlassungen. Die Proteste gegen Studiengebühren, Massenentlassungen wie bei der Allianz oder Telekom, oder gegen die neuen Verschlechterungen durch die Bundesregierung müssen gebündelt werden. Vereinzelte Proteste werden scheitern, aber eine gemeinsame Bewegung kann wie in anderen Ländern erfolgreich sein.

Nicht aufgeben

Trotz der Proteste wurde das Gesetz beschlossen. Das ist kein Grund aufzugeben. In Frankreich wurde das CPE-Gesetz auch erst im Nachhinein gekippt.

Nach den Aktivitäten dieses Semesters ist nun eine gewisse Erschöpfung eingetreten: Die Zahl der Aktivisten stagniert und die Beteiligung an den Protesten ist relativ gering. Doch keine Bewegung verläuft geradlinig, sondern mit aufs und abs. Es ist nicht die Frage ob, sondern wann ein neues Aufbäumen an den Universitäten beginnt. Im nächster Zeit wird das volle Ausmaß der unsozialen Studiengebühren deutlich werden: spätestens wenn man bei der Bank über einen Kredit verhandelt oder Ende des Monats jeden Cent zweimal umdrehen muss. Einige werden sogar das Studium abbrechen müssen. Zudem ist das neue Bachelore-Master-System völlig daneben. In manchen Studiengängen wird nicht jeder zum Master zugelassen werden, aber mit dem Bachelore-Abschluss gibt es kaum Berufsmöglichkeiten (Beispiel Lehramt). In dieser Situation wird es zu neuen Massenprotesten kommen. Studiengebühren lösen keine Probleme, sondern sind ein zusätzliches Problem!

Deswegen sollten wir die kommende Zeit nutzen, um uns bundesweit noch intensiver zu vernetzen und handlungsfähige Aktionskomitees an den Unis und Schulen zu gründen bzw. auszubauen. Mit diesem Rückrat werden die kommenden Massenproteste wirkungsvoller sein, denn sie können auf den bisherigen Erfahrungen aufbauen.

Kriminalisierung der Bewegung- nicht mit uns!

Zeitweise wurde der Protest von Provokationen seitens der Polizei überschattet. Gleich zur Beginn der Hauptdemonstration umringten so viele gepanzerte Polizisten den Demonstrationszug, dass dies eher ein wandernder Kessel war. Unnötige Aufnahmen von Personalien und ein Schlagstockeinsatz ergänzten diese Eskalationsstrategie der Polizei.

Trotz dieser aufgeheizten Stimmung blieb der Demonstrationszug friedlich und skandierte stattdessen „wir lassen uns nicht kriminalisieren“. In Hamburg gibt es eine schlechte Tradition von übertriebenen Polizeieinsätzen, um Proteste in ein schlechtes Licht zu rücken und somit Leute abzuschrecken, z.B. der Einsatz von Knüppeln und Wasserwerfern gegen eine Friedensdemonstration von SchülerInnen während des Irakkrieges.

Es ist gut, dass sich die Demonstration nicht auf diese Provokationen eingelassen hat. Der OrdnerInendienst war ein guter Ansatz, um sich besser vor den Polizeiübergriffen zu schützen.

Zurecht sagte eine Rednerin: nicht wir sind die asozialen Kriminellen, sondern die Politiker in den Landtagen!

In diesem Sinne: Legen wir den Kriminellen das Handwerk! Wir wollen keine Eliteuniversitäten im Dienste der Profitinteressen von Konzernen und Banken.

Auf zur bundesweiten Demonstration am 6.7. in Frankfurt