Lucy Redler und die WASG Berlin nicht zu stoppen

Jetzt den Wahlkampf gegen Sozialabbau und Privatisierungen unterstützen!
von Sascha Stanicic, Berlin


 

Die Berlinerinnen und Berliner werden am 17. September eine wirkliche Wahl haben. Die WASG Berlin wird per Beschluss des Landeswahlausschusses vom 1. Juni an den Abgeordnetenhauswahlen teilnehmen können. Damit kann gegen Sozialabbau, Privatisierungen, Tarifflucht, Arbeitsplatzvernichtung und Lohnkürzungen gestimmt werden. Dem vorausgegangen war die vorläufige Wieder-Einsetzung des Landesvorstands der WASG Berlin durch das Landgericht am 31. Mai. Das sind die guten Nachrichten der Woche.

Die schlechte Nachricht ist, dass es überhaupt so weit kommen musste, dass bürgerliche Gerichte und ein Landeswahlausschuss die demokratischen Rechte des Landesverbandes einer linken Partei gegen den eigenen Bundesvorstand zur Geltung bringen müssen – in einer Partei, die als Sammlungsbewegung, als Partei „neuen Typs“ vor einem Jahr gegründet wurde!

Der WASG Bundesvorstand um Klaus Ernst hat sich eine teure Nachhilfestunde in Sachen bürgerlicher Parteiendemokratie geholt. Der Gedanke, dass die Bundesebene in einer Partei über die Kandidatur auf Landesebene entscheidet, führte bei Richtern und Ausschuss-Mitgliedern zu sichtlicher Verwunderung.

Vor diesem Hintergrund wäre es wohl angemessener, wenn der WASG-Bundesvorstand inne halten würde und eine breite Diskussion in der Partei zur Reflexion der Ereignisse organisieren würde. Stattdessen äußert er sein Befremden, „dass eine Parteigliederung ein bürgerliches Gericht bemüht“. Dies ist der WASG Berlin zweifelsfrei nicht leicht gefallen und sie hätte gerne darauf verzichtet. Aber wenn ein Parteivorstand demokratische Errungenschaften im Parteienrecht mit Füßen tritt, müssen diese zur Not eben auch vor einem bürgerlichen Gericht verteidigt werden.

Politische Differenzen

Die juristischen Auseinandersetzungen sollten nicht über den politischen Kern der Auseinandersetzung hinweg täuschen. Der Berliner Landesverband der WASG ist nicht bereit, sich an einer Politik des Sozialabbaus, der Privatisierungen, der Lohnkürzungen und Arbeitsplatzvernichtung zu beteiligen. Eine solche Politik wurde in den letzten vier Jahren vom Berliner Senat betrieben – unter Beteiligung der Linkspartei.PDS. In den letzten Monaten war klar geworden: trotz Diskussionen, gemeinsamer Foren und öffentlichen Drucks ist die LPDS zu einem Politikwechsel nicht bereit. Sie stellt ihren Wahlkampf unter das Motto „Fortsetzung folgt“ und will die Koalition mit der neoliberalen SPD weiter führen. Für die WASG Berlin ist diese Politik des kleineren Übels vor allem eins – ein Übel. In den letzten vier Jahren wurden über 30.000 Ein-Euro-Jobs eingerichtet, 100.000 Wohnungen privatisiert, die Löhne im öffentlichen Dienst massiv gesenkt, ist das Land Berlin aus dem Kommunalen Arbeitgeberverband ausgetreten, gab es Teilprivatisierungen im Krankenhausbereich … die Liste ließe sich fortsetzen.

Der WASG Bundesvorstand und leider auch eine knappe Mehrheit der Delegierten des Bundesparteitags hat sich trotzdem für eine Unterstützung der LPDS und gegen eine eigenständige Kandidatur ausgesprochen. Die Einheit der Linken dürfe nicht gefährdet werden und die LPDS habe sich bewegt, so die Argumente der GegnerInnen der WASG Berlin. Doch es handelt sich um schwache Argumente.

Hat sich die LPDS Berlin bewegt?

In den vom WASG Bundesvorstand und der Berliner Linkspartei.PDS erarbeiteten „Inhaltlichen Positionen für einen gemeinsamen Wahlkampf“ gibt es viele vage Phrasen, aber keine belastbaren Aussagen, die auf einen Politikwechsel schließen lassen. Hier finden sich im Gegenteil Formulierungen, die weitere Wohnungsprivatisierungen und Teilprivatisierungen im Krankenhaus-Bereich und von Wohnungen ermöglichen. Hier wird keine Aussage gegen Ein-Euro-Jobs getroffen. Hier wird dem geplanten Stellenabbau des Senats von weiteren 18.000 Stellen bis 2012 und dem zusätzlichen Arbeitsplatzabbau bei der BVG, BSR, Vivantes, städtischen Wohnungsbaugesellschaften, privatisierten Unternehmen der Daseins­vorsorge sowie ausgegliederten Kindergärten nicht widersprochen.

Einheit der Linken

Die Politik der Berliner LPDS schadet der Linken. Das zeigt sich nicht nur im drastischen Rückgang der Unterstützung für die Partei in der Stadt. Während sie bei den letzten Wahlen 22 Prozent erreichte, liegt sie heute in Umfragen zwischen 13 und 15 Prozent. Wahrscheinlich ist sie die erste Partei in der Geschichte, die sich zum Ziel setzt weniger Stimmen zu erhalten, als bei der letzten Wahl, nämlich 17 Prozent.

Sie schadet der Linken, weil sie nicht glaubwürdig ist und die Vorurteile bestätigt, dass ohnehin jede Partei nach den Wahlen die Wahlkampf-Versprechen vergisst. Und vor allem schadet sie dem Aufbau von Gegenbewegungen gegen die Politik des Neoliberalismus und gegen Kapitalmacht. Wenn die neue linke Partei, die gebildet werden soll, mit einer Unterstützung oder auch nur Duldung der Politik der Berliner LPDS beginnt, wird sie die in sie gesetzten Hoffnungen und Erwartungen enttäuschen. Wir brauchen nicht die nächste Partei, die links blinkt und dann rechts in Richtung Regierungsbeteiligung mit der SPD abbiegt. Wir brauchen eine demokratische und kämpferische Partei der abhängig Beschäftigten, Erwerbslosen, RentnerInnen und Jugendlichen, die konsequent, überall und in jeder Situation an deren Seite steht – im Bund, in den Ländern und in den Kommunen!

Weil wir für den Aufbau einer solchen Partei sind, sind SAV-Mitglieder in der WASG aktiv. Aus dem gleichen Grund unterstützen wir die WASG Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Die Einheit mit der LPDS darf es nicht auf Kosten politischer Prinzipien geben. Und: eine neue linke Partei darf linke KritikerInnen nicht ausgrenzen oder unbequeme Landesvorstände einfach absetzen, wie in Berlin und Mecklenbrug-Vorpommern geschehen. Mit undemokratischen Methoden ist keine linke und demokratische Politik zu machen.

Wahlkampf

Unmittelbar nach dem Gerichtsurteil, das den abgesetzten Landesvorstand wieder einsetzte, erklärte Klaus Ernst, Bundestagsabgeordneter und Mitglied im WASG-Bundesvorstand, er werde Wahlkampf für die LPDS in Berlin machen. Auf Unterstützung aus der Führung der WASG kann der Berliner Landesverband nicht setzen.

Dafür aber umso mehr auf Unterstützung von Basismitgliedern aus dem ganzen Bundesgebiet. Vielen ist klar, dass die Zukunft der neuen Linken stark vom Ausgang der Berliner Wahlen abhängt. Ein Wahlerfolg für den rebellischen Landesverband würde die Linke bundesweit stärken und deutlich machen, dass es eine linke Alternative zum Kurs der LPDS-Führung gibt.

Ebenso würden die inhaltlichen Forderungen der Berliner WASG Nachdruck erhalten: Umwandlung der Ein-Euro-Jobs in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse, Rückkehr des Landes Berlin in den Kommunalen Arbeitgeberverband, Investitionsprogramme zur Schaffung von Arbeitsplätzen, Rekommunlisierung der Wasserbetriebe, Überführung in öffentliches Eigentum von Betrieben, die mit Schließung drohen.

Der Aufbau einer starken innerparteilichen Opposition, begonnen auf einer Konferenz am 20. Mai in Kassel, ist eng verknüpft mit Erfolg oder Misserfolg des Berliner Wahlantritts. Alle kritischen und linken AktivistInnen sollten deshalb für die Berliner WASG spenden und selber zur Wahlkampfhilfe anreisen. Am 29. Juli geht es los. Sorgen wir gemeinsam dafür, dass dann bis zum 17. September kein Tag vergeht, ohne dutzende WASG-WahlkämpferInnen auf Berlins Straßen.

Weitere Informationen unter www.waehlt-wasg.de