Internationale Solidarität spielte wichtige Rolle
von Weizmann Hamilton, DSM (Democratic Socialist Movement; Schwesterpartei der SAV und Sektion des CWI in Südafrika), Johannesburg, South Africa
Nach fünf Monaten Kampf hat DSM-Mitglied Vusi Khumalo, Betriebsrat der Commercial Services and Allied Workers Union (COSAWU; Gewerkschaft der Beschäftigten im Handelswesen), es geschafft, dass die Supermarktkette SPAR ihn in der Filiale Royal Ascot in Kapstadt wiedereinstellen muss! Vusi wurde wegen eines Artikels entlassen, den er für die Winterausgabe 2005 der DSM-Zeitung Izwi La Basebenzi geschrieben hatte. Darin wurde unverblümt beschrieben, was für repressiven Maßnahmen sich die Kolleginnen bei der in Südafrika SUPER SPAR heißenden Handelskette ausgesetzt sehen. Dazu gehören auch körperliche Misshandlung am Arbeitsplatz und eine Bezahlung unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns. SUPER SPAR wurde nun von der Schiedskommission CCMA dazu verurteilt, Vusi bis zum 24. Mai 2006 wieder einzustellen und den ausstehenden Lohn – mehr als 9000,- südafrikanische Rand (~ 1.100,- €) seit seiner Entlassung – nachzubezahlen. Der Kommissionsvorsitzende warnte den Handelsriesen zugleich, das Ultimatum nicht verstreichen zu lassen, da ansonsten Klagen zu erwarten seien, die wiederum die Beschlagnahmung der entsprechenden Gelder bewirken könnten.
In der Urteilsbegründung wurde das Management von SUPER SPAR stark angegangen und der Kommissionsvorsitzende erklärte, dass Vusi nicht für den schlechten Ruf der Konzernleitung verantwortlich zu machen sei. Dem zu Folge entsprächen die Behauptungen über Unterbezahlung, Körperverletzungen und das Auftreten von bewaffnetem Sicherheitspersonal am Arbeitsplatz lediglich der Wahrheit. Es wurde in dem Verfahren nicht nur festgestellt, dass die Behauptung des Managements, wonach SUPER SPAR als Arbeitsplatz kein geeigneter Ort für Vusi mit seinen Meinungsäußerungen sei, zurückzuweisen sind. Der Vorsitzende sagte darüber hinaus: „Geschichtlich betrachtet ist die Demokratie dieses Landes nicht nur in den Schulen, sondern auch am Arbeitsplatz geboren worden. Es waren die Arbeiter, die gegen Diskriminierung, die Autoritäten und Unterdrückung gekämpft haben. Wie wir heute wissen, haben sie viel zu den Arbeitsgesetzen beigetragen, die jetzt gültig sind. Dazu nutzten sie den Arbeitsplatz als Forum. Dies war der Ort, an dem das Apartheid-System und der Rassismus zerrieben wurden. Dies war auch der Ort, an dem viele ihr Leben ließen oder nur ihren Lebensunterhalt verloren. Außerdem war dies der Ort, von dem aus die Arbeiter den Kampf für Demokratie aufnahmen – auch wenn ihnen dies niemals erlaubt war. Warum sollte ausgerechnet jetzt, nach dem Sieg der Demokratie, die Freiheit der Ausdrucksweise am Arbeitsplatz verboten werden?“.
Umfassend wurde auch seitens des Verhandlungsführers aus dem von Vusi verfassten Artikel zitiert, der ja ursprünglich der Grund für seine Entlassung gewesen war. So kam dann auch zur Sprache, dass die ANC-Regierung verantwortlich für die Ausbeutung von ArbeiterInnen sei und dafür, dass den ArbeiterInnen nach zehn Jahren des Bestehens der Demokratie im Land immer noch verwehrt würde, ihre Rechte wahrzunehmen. Auch die Bezugnahme auf Karl Marx war Gegenstand der Schiedsverhandlung: „[…] dieser erklärte, dass die Arbeiter die einzigen sind, die das bourgeoise System stürzen und eine sozialistische Gesellschaft errichten können“, so die Wiedergabe von Vusis Artikel durch das Gericht, und weiter: „Die ArbeiterInnen bei SUPER SPAR haben den ersten Schritt dieses Kampfes getan.“ Der Kommissionsvorsitzende erklärte daraufhin, dass Vusi das Recht habe, sich in „sozialistischer Manier“ in einer sozialistischen Zeitung zu äußern – schließlich sei er Mitglied des DSM.
Während er gleichzeitig die Ausführungen des Freedom of Expression Institute unterstützte, das extra zu Vusis Unterstützung einen Rechtsanwalt aus Johannesburg hatte einfliegen lassen, bemerkte der Kommissionsvorsitzende in Richtung Arbeitgeber, dieser habe versagt bei der Würdigung der „Freiheit der individuellen Ausdrucksweise, die doch die Basis der Demokratie ist. Auch wenn sie von manchen nicht unumstritten hingenommen wird.“
Vusi Khumalos Sieg wurde kurze Zeit nach der Meldung des Arbeitsministeriums errungen, wonach SUPER SPAR seine ArbeiterInnen seit Januar 2005 unterbezahlt! COSAWU ist seitdem dabei, eine amtliche Bewilligung einzuholen, um SUPER SPAR dazu zu zwingen, die Löhne auf den Mindeststandard anzuheben und alle ausstehenden Zahlungen seit Anfang 2005 nachzureichen.
Wegen einer Formsache hatte COSAWU die Anerkennung als Gewerkschaft verloren. Da es rechtlich nicht möglich ist, diese Entscheidung anzufechten, ist COSAWU gezwungen, weiterhin Eintrittsformulare an die ArbeiterInnen zu verteilen.
Trotz alledem hat SUPER SPAR schon angekündigt, gegen den Beschluss der Schiedskommission vorzugehen. Erfahrungsgemäß sind die Chancen dazu jedoch eher gering. Die Möglichkeiten, gegen die Überprüfung der Kommission vorzugehen sind generell sehr begrenzt (was ein Beispiel des Vorgehens gegen ein CCMA-Urteil aus der jüngeren Vergangenheit beweist). Hinzu kommt, dass es nicht erlaubt ist einen solchen Fall vor ein anderes Gericht zu bringen. Und dann gibt es nur noch die theoretische Möglichkeit, arg firmenschädigendes Verhalten, offenbare Befangenheit oder Korruption des Kommissionsvorsitzenden nachzuweisen. Doch am schlimmsten wird es für SUPER SPAR sein, Vusi nicht davon abhalten zu können, seinen Job wieder aufzunehmen – ganz unabhängig davon, ob sie das Urteil anfechten werden oder nicht.
Vusi hat sich seit seiner Entlassung beispielhaft und vorbildlich verhalten: Allein in der vergangenen Woche sammelte er 26 Beitrittserklärungen unter KollegInnen in anderen SUPER SPAR Filialen für die COSAWU – weitere 25 Angestellte dort wollen noch in dieser Woche eintreten.
Die Unterstützung, die Khumalo und die kleine Gewerkschaft erfahren haben, trug entscheidend dazu bei, seine und die Moral der ArbeiterInnen aufrecht zu erhalten. Das DSM bedankt sich bei all denen, die Protestnoten an SUPER SPAR geschickt haben. Das Management der Kaufhauskette war so verunsichert von den Eingaben der „socialists from all over the world“, wie der Kommissionsvorsitzende sich ausdrückte, dass man schon erwog, eine Beschwerde beim Staatspräsidenten einzureichen!