„Schulterschluss statt Achselzucken“

Mit diesem Slogan streikten Studierende und Beschäftigte der Ruhruniversität Bochum gegen die Politik der nordrhein-westfälischen Landesregierung.
 

Über 400 von 3000 KollegInnen des nicht-wissenschaftlichen Personals sind bereits seit 14 Tagen im Ausstand. Eine Demonstration und mehrere Protestaktionen in Bochum und gemeinsam mit KollegInnen in anderen Teilen des Ruhrgebietes fanden bereits statt, um die 41-Stunden –Woche und den Wegfall des Weihnachtsgeldes zurückzuschlagen.

Diesmal hatten sie ihren Streik auch mit Solidaritätsaktionen für die Bochumer Studierenden verbunden. Am 27. April sollte die Senatssitzung stattfinden, die – sehr wahrscheinlich – die Einführung von Studiengebühren an der RUB beschlossen hätte. Sie wurde allerdings sehr schnell abgebrochen, da StudentInnen daran teilnehmen und ihre Forderungen vorbringen wollten, was natürlich nicht gewünscht war. Vorsorglich hatte man die Sitzung in einen Raum gelegt, wo nur 70 Personen Platz haben, damit keineR mithört. Daraufhin besetzten ca. 150 Studentinnen das Rektorat und forderten die Verlegung der Sitzung ins Audimax sowie Zugang zu der Sitzung, um dort ihren Protest zu Ausdruck zu bringen.

In einer Urabstimmung sprachen sich 90,7% der RUB-StudentInnen gegen die Einführung von Studiengebühren aus. Eine Vollversammlung gestern Morgen beschloss, sich nicht einfach ausverkaufen zu lassen und in den Streik zu treten, um ihre Rechte einzufordern und für ihre Studienplätze und die der zukünftigen Studentinnen zu kämpfen.

Erstaunlich ruhig blieben die 2500 DemonstrantInnen auf dem Univorplatz angesichts der unglaublichen Dinge, die von den Rednern verkündet wurden: ein Vertreter der Unileitung wurde nicht sofort ausgepfiffen, als er ewig die immer gleiche Leier ab spulte, die wir alle tagtäglich in Presse, Funk und Fernsehen zu hören kriegen: es ist kein Geld da, also müsst ihr blechen! (Man wolle es ja auch nicht, man habe jahrzehntelang gekämpft, man sei ja im selben Boot, aber es ginge nicht anders).

Das verwunderte natürlich niemanden, aber den leeren Worten folgten umso drastischere Taten: die Unileitung ließ das Rektorat kurzerhand durch eine Hundertschaft der Polizei gewaltsam räumen! So werden friedlich für ihre Rechte eintretende Studierende kriminalisiert. Denn Bildung ist ein Recht für jeden, aber sie wird durch Studiengebühren nur noch für eine kleine reiche Minderheit zugänglich sein – denn wer kann sich schon, zusätzlich zu den Lebenserhaltungskosten noch 500 € Studiengebühren im Semester leisten? Wie sollen das die Kinder der Opel-ArbeiterInnen, der ehemaligen ArbeiterInnen und jetzt Erwerbslosen und der Hartz4- EmpfängerInnen bezahlen? Gerade im Ruhrgebiet gibt es in Westdeutschland – abgesehen von Bremerhaven – die höchste Anzahl von Hartz – IV-EmpfängerInnen. Die Universitäten werden sich dort nicht durch eine befürchtete „schlechtere Qualität“ infolge fehlender Gelder leeren, sondern durch die nicht mehr vorhandenen StudentInnen.

Kein Studium, keine Lehrstelle, keinen Schulabschluss – so stellen sich immer mehr Jugendliche ihre Zukunft mittlerweile vor. Immer mehr Schulabgänger sehen nicht ein, wozu sie überhaupt noch einen Abschluss machen sollen. Und immer mehr bleiben immer früher auf der Strecke. Mit dem neuen Schulgesetz in NRW, das unter anderem Kopfnoten und Zentralabitur beinhalten soll, werden schon in der Schule die Schwachen ausgesiebt, nur die Elite bleibt übrig- die Kinder, die deswegen so „elitär“ sind, weil ihre Eltern sich Nachhilfestunden leisten können, und weil sie nicht anecken in der Gesellschaft oder in der schule.

An diesem Donnerstag wurde nicht nur das Rektorat in Bochum, sondern zeitgleich auch in Köln und Bonn besetzt, da zufällig am selben Tag die entsprechende Entscheidung für Studiengebühren getroffen werden sollte. An der Katholischen Fachhochschule in Aachen soll es am 24. Mai demnächst einen Streiktag geben, für die Universitäten Duisburg und Essen ist ein Streik beschlossen worden. Die Bereitschaft zum Widerstand ist sehr groß, Jetzt kommt es darauf an, diesen Widerstand an den Universitäten nicht nur gleichzeitig, sondern gemeinsam und städteübergreifend zu organisieren.

Das gilt nicht nur für die Studierenden: der gemeinsame Protest der Bochumer Studierenden und ArbeiterInnen und Angestellten der RUB sind ein gutes Vorbild. Denn Die Studierenden, Beschäftigten und SchülerInnen sitzen wirklich im selben Boot. Wir brauchen deshalb die gemeinsame Gegenwehr und gemeinsame Streik- und Protestaktionen aller studentInnen, aller SchülerInnen und Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gegen die Pläne der Landesregierung, gegen die Politik für die Wirtschaftsbosse, für eine lebenswerte Zukunft für alle!

von Conny Dahmen, Bochum/Köln