Wohnst du noch oder packst du schon?

Berliner WASG wird gegen Wohnungsprivatisierungen aktiv
 

Mehr als 100.000 verkaufte Wohnungen, Vorbereitung von Zwangsumzügen und Mietpreiserhöhungen – das ist die Bilanz des Berliner Senats unter SPD und Linkspartei/PDS. In Berlin sind heute nur noch 280.000 Wohnungen in öffentlicher Hand. Doch ein Ende ist noch lange nicht in Sicht, denn aktuell wird über den Verkauf weiterer 20.000 Wohnungen spekuliert.

von Kai Bleck, Berlin

Die Folgen dieser Privatisierungspolitik werden immer deutlicher sichtbar: Arbeitsplätze im Wohnungswesen gehen verloren, die neuen Inhaber heben die Mieten an, betreiben Luxusmodernisierungen, so dass Wohnungen unbezahlbar werden. Gleichzeitig nehmen Verdrängungsprozesse von einkommensschwachen MieterInnen in Randlagen und Ghettobildung zu.

Privatisierungskurs unter „Rot-Rot“

Die Wohnungsbaugesellschaften sind auf Subventionen vom Land angewiesen, um „niedrige“ Mieten decken zu können, welche der Wohnungsmarkt nicht bereitstellen kann. Entgegen dieser Logik flossen Gelder aus den Töpfen der Wohnungsbaugesellschaften von etwa drei Milliarden Euro in die Landeskassen. Der soziale Auftrag der Wohnungsbaugesellschaften ist einer profitorientierten Wohnungsverwertung gewichen, finanziert durch die arbeitende Bevölkerung.

Nach dem Verkauf der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GSW im Jahr 2004 verschlechterte sich die Situation für fast alle 65.000 Mieter und Mieterinnen drastisch. Besonders betroffen waren und sind die sozial Schwächsten und RentnerInnen. Viele konnten die hohen Mietpreise nicht länger bezahlen und mussten umziehen.
Die geplanten neuen Verkäufe von 15.200 Wohnungen bei der WBM (Wohnungsbaugesellschaft Mitte), 2.400 bei der Gesobau und 1.800 Verkäufen im Märkischen Viertel müssen gestoppt werden, um ähnliche Folgen von Anfang an zu verhindern.

Neue Verkaufspläne

Die neuen Privatisierungspläne des Berliner Senats provozieren verstärkt Widerstand in der Bevölkerung. Auf dem Anti-Privatisierungs-Kongress vom 11. Februar, veranstaltet von der Berliner Mietergemeinschaft kamen Mieter und Mieterinnen, Initiativen und AktivistInnen aus der WASG zusammen, und beschlossen die Gründung eines Bürgerbündnisses gegen Privatisierung.

Zwangsumzüge drohen

Der Berliner Senat geht noch weiter: Zukünftig werden die Mieten von knapp 490.000 Hartz IV-EmpfängerInnen beschränkt. „Nach unserer Berechnung zahlen zwischen 35.000 und 45.000 Haushalte eine Miete, die über den Richtwerten liegt. Je nach Haushaltsgröße geht es um Beträge zwischen 30 und 90 Euro“, so Sigmar Gude vom Berliner Planungsbüro Topos in der jungen Welt vom 3. März. Jene, die über den vorgesehenen Kosten der „Ausführungsvorschriften“ Wohnen (kurz: AV Wohnen) liegen, wurden aufgefordert, in eine billigere Wohnung umzuziehen.

Angesetzte Kostentabelle für Brutto-Warm-Mieten laut AV Wohnen
1-Personen-Haushalt – 360 Euro
2-Personen-Haushalt – 444 Euro
3-Personen-Haushalt – 542 Euro

Sollte eine Mietkostensenkung nicht erfolgen, wird die ausstehende Differenz einfach nicht mehr überwiesen. Wer sich seine Wohnung dann nicht mehr leisten kann, wird geräumt.

Aktivitäten der WASG

Auf dem letzten Landesparteitag der WASG wurde eine umfassende Kampagne gegen Privatisierung in Berlin beschlossen, welche die Proteste unterstützen und vorantreiben soll.
Die Mitglieder der WASG kämpfen gegen Privatisierung und Sozialdumping. In den  Diskussionen im Berliner Senat zwischen SPD und Linkspartei/PDS geht es um die Höhe der zu verkaufenden Wohnungen anstatt grundsätzlich um Notwendigkeit und Auswirkungen von Privatisierungspolitik. Stefan Liebich, Fraktionsvorsitzender der Linkspartei/PDS äußerte die Meinung, „dass man um Einsparungen bei Personalkosten und Verkäufe von Wohnungen nicht herum kommt“.

Aufgaben für den Widerstand

In den kommenden Wochen stehen in der Berliner WASG Diskussionen über politische Forderungen und über Kampfvorschläge an.

Nötig wäre es, die Rücknahme aller Privatisierungen der vergangenen Jahre und die Gründung einer kostenfreien kommunalen Wohnungsvermittlung zu fordern. Projekte wie AV Wohnen erfordern einen gemeinsamen Widerstand gegen den Senat von MieterInnen zusammen mit WASG, Gewerkschaften, Mieterinitiativen und anderen.

Konfrontiert mit drastischen Mieterhöhungen, Luxussanierungen und Privatisierungen stellt sich die Frage eines kollektiven, massenhaften Miet(erhöhungs)boykotts.

Private Wohnungsbestände, die länger als sechs Monate leer stehen, sollten belegt werden. Spekulations- und Maklertätigkeit sind nicht im Interesse von MieterInnen und gehören verboten. Die Warmmieten von Wohnungen sollten 20 Prozent der Nettolöhne nicht übersteigen, um ein soziales Leben für jeden zu ermöglichen.

In jedem Fall ist ein gemeinsamer Protest von allen Beteiligten und AktivistInnen  notwendig, um den Spekulanten und Heuschreckenfonds (die wie Cerberus zu den Käufern gehören) in ihrem Profitstreben den Riegel vorzuschieben.