TV-Show fördert Magersucht und Bulimie
In Pro Sieben’s Heidi-Klum-Show geht es um den gekonnten „Catwalk“, das passende Make Up und um Konkurrenz, denn zum Schluss schafft es eben nur eine zu gewinnen. So weit, so öde. Wieder eine Castingshow à la „Deutschland sucht den Superstar“.
von Anne, Berlin
Das Spezielle an dieser Modelshow ist die immer wieder gestellte Frage nach den perfekten Maßen des „Topmodelkörpers“.
Oft zitiert wird der Skandal um eine Kandidatin, die aus dem Wettkampf ausschied, weil sie bei 1,76 Metern Größe und 54 Kilo Gewicht von der Jury als „zu dick“ bezeichnet wurde. Was derartige Äußerungen für Auswirkungen haben, liegt auf der Hand.
Schönheitswahn
Frauen soll eingeimpft werden: Was zählt, ist das Äußere. Nur die vorgegebenen Maße der Schönheitsindustrie und dementsprechend auch das „Idealgewicht“ sind „ein Schritt nach vorne“.
Jugendliche entwickeln nicht nur angesichts von Serien wie „I want a famous face“, „Germany’s next Topmodel“ und „The Swan“ ein gestörtes Verhältnis zu ihrem eigenen Körper. Denn diese Sendungen haben ein System und dieses System heißt Kapitalismus. Es basiert auf einer Klassengesellschaft, in der es den Herrschenden um die Ausbeutung der arbeitenden Bevölkerung geht. Eine Grundlage ist die Spaltung der unterdrückten Mehrheit. Die älteste Spaltungslinie existiert entlang der Geschlechter – Sexismus als eines der perversen Mittel, um Lohnabhängige darin zu schwächen, den Kampf für die Abschaffung von Sexismus, Rassismus und Sozialabbau zu führen.
Im Kapitalismus, wo der Frauenanteil der von Armut betroffenen Menschen bei 70 Prozent liegt und die Erniedrigung von Frauen zum Erhalt des Systems notwendig sind, hinterlässt der Blick auf den eigenen Körper unter den kommerziellen Idealen der bürgerlichen Gesellschaft oft schwere Störungen.
Doppelmoral von Bild & Co.
CDU- und FDP-Politiker fordern ein Sendeverbot der Klum-Show. Doch da kommen sie recht spät drauf, schließlich erklärt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, dass in Deutschland rund 100.000 Frauen zwischen 15 und 25 an Magersucht (krankhaftes Hungern) und 600.000 Frauen bis zu 35 Jahren an Bulimie (Ess-Brechsucht) leiden. Die Dunkelziffer ist unbekannt.
Die Heidi-Klum-Show wird von Bild verurteilt, gleichzeitig findet sich regelmäßig auf der ersten Seite das Bild einer halbnackten Frau als verfügbares Objekt – verwendet, um zum Kauf der Zeitung zu stimulieren. Die Website von Bild zeigt allein auf der Startseite fünf Abbildungen nackter, posierender Frauen. Bild und andere Medienmogule greifen das Thema auch auf, um die zugespitzten Auseinandersetzungen im öffentlichen Dienst zu überdecken.
Sexismus bekämpfen
Die wachsende Perspektivlosigkeit führt zu Stress, unter dem nicht nur bei Frauen zum Beispiel Essstörungen entstehen können. Die wachsende Aggressivität des Sexismus in den Medien tut ihr Übriges dazu: Sexistische Werbeplakate halbnackter Frauen, Schmuddelshows, in denen Brustoperationen als das Allheilmittel angepriesen werden und Videoclips, deren musikalischer Inhalt sich zu 50 Prozent nur noch durch nackte Haut verkaufen lässt.
Die SAV Bremen hatte vor einigen Jahren eine kreative Überklebekampagne von sexistischer Werbung an zentralen Orten der Stadt gestartet. Sie erhielt positive Resonanz von PassantInnen und in der taz wurde darüber berichtet.
Natürlich reicht es nicht, nur die Auswüchse des neuen Sexismus zu bekämpfen, ohne die gesellschaftlichen Ursachen anzugehen.
Es ist also notwendig, gegen Sexismus, Rassismus und jegliche Formen der Unterdrückung und Spaltung vorzugehen und dabei aktiv zu werden beim Kampf gegen den Kapitalismus.