„Keine Partei, die sonntags vom Sozialismus redet und montags Sozialabbau betreibt“

Bericht vom Berliner Landesparteitag der WASG
 

Der Berliner Landesparteitag am vergangenen Wochenende zog die Bilanz der fortgesetzten Politik von Sozialabbau, Privatisierungen und Tarifflucht der L.PDS im Berliner Senat. 91 Delegierte stimmten für eine eigenständige Kandidatur der WASG zu den Berliner Abgeordnetenhaus-Wahlen am 17. September diesen Jahres, 39 dagegen, 4 enthielten sich der Stimme. Der Landesvorstand wurde in seiner Mehrheit bestätigt. In einer Urabstimmung vom 28. Februar bis zum 7. März ruft der Landesparteitag die Berliner Mitglieder auf, diesen Beschluss zu bestätigen.

In einer ausführlichen Debatte wurden die Argumente nochmals ausgetauscht. „Es gibt nicht ein bisschen Tarifvertrag, wie es auch kein bisschen schwanger gibt“, spielte Stefan Müller, bestätigtes Mitglied im geschäftsführenden Landesvorstand, auf Tarifflucht und Absenkungsverträge durch den SPD-PDS-Senat an. Andere RednerInnen wiesen auf die Situation an der Charite, dem Berliner Universitätsklinikum, hin. Die Wohnungsprivatisierungen wurden angesprochen.

Immer wieder wurde die Frage der Bedeutung des Berliner Antritts für den bundesweiten Neuformierungsprozess der Linken erörtert. Verdeutlicht wurde von den Anhängern der Berliner Mehrheit, dass sie diesen Prozess begrüßen, aber angesichts der L.PDS-Politik in Regierungsbeteiligungen nicht einfach konfliktfrei über die Bühne bringen können – schon gar nicht im Eiltempo und mit Top-Down-Strukturen.

„Wir wollen keine Partei, die sonntags vom Sozialismus redet und montags Sozialabbau betreibt", hielt Lucy Redler, ebenfalls wiedergewähltes Mitglied des geschäftsführenden LaVos und Mitglied der SAV, den Fusionsbefürwortern entgegen. Dass dies keine Absage an die Neuformierung der Linken ist, machte sie auf dem Parteitag deutlich und führte im Interview mit der jungen Welt (27. Februar) aus: „Wir sagen Ja zur Neuformierung der Linken im Bund, aber wir wollen sie auf eine inhaltliche Grundlage stellen. Insofern sehen wir unseren Beschluss nicht als ein Abkoppeln von diesem bundesweiten Formierungsprozeß, sondern als unseren Beitrag, seine inhaltlichen Grundlagen nach links zu verschieben.“

Die von einigen Medien aufgegriffene Darstellung des Bundesvorstands, wonach die eigenständige Berliner Kandidatur die Herausbildung einer neuen Linken gefährde, ist nur nachvollziehbar, wenn damit eine schnelle, konfliktfreie Fusion zu verstehen gewesene wäre. Angesichts von 32.000 Ein-Euro-Jobbern in Berlin, 100.000 vom „rot-roten“ Senat privatisierten Wohnungen, einer Forderung des Senats nach einem Absenkungstarifvertrag und der Vorbereitung von betriebsbedingten Kündigungen an der Charite – um nur einige Punkte herauszugreifen – eine Illussion.