Warnstreiks in Leipzig

Im sächsischen Kfz-Handwerk und an der Leipziger Uniklinik wurden Hammer und Spritze fallen gelassen. 
 

Die BMW- und DaimlerChrysler-Niederlassungen in Leipzig, Dresden und Chemnitz und einige weitere Kfz-Betriebe wurden am 10. Februar 2006 durch einen Warnstreik lahmgelegt. 500 Kfz-MechanikerInnen, darunter auch viele Azubis, kamen in Leipzig zusammen, um ihrem Ärger über die Hinhaltetaktik der Bosse Luft zu machen. Einige KollegInnen kamen direkt von der Nachtschicht. Dieser Warnstreik war der vorläufige Höhepunkt in einem Tarifpoker, der sich bereits monatelang hinzieht. Seit neun Monaten herrscht tarifloser Zustand im sächsischen Kfz-Handwerk.

Ein lautes Pfeifkonzert begleitete die Reden der Betriebsräte und IG Metall-Funktionäre. LKW-Fahrer und Kollegen der Stadtreinigung zeigten ihre Solidarität durch Hupen. Auf Transparenten wurde gleicher Lohn in Ost und West gefordert. Viele hatten die IG Metall-Mützen aus dem Ostmetallerstreik für die 35-Stunden-Woche aufgesetzt.

“Wir sind jetzt nicht mehr kompromissbereit. Jetzt sind die Arbeitgeber dran, sonst gibt es weitere Streiks!” kündigte Gabriele Müller, DaimlerChrysler-Betriebsrätin aus Leipzig an. Die Bosse hatten einen Kompromissvorschlag der IG Metall, die gerade mal 3,5 Prozent mehr Lohn fordert, abgelehnt und setzen weiter auf Konfrontation. Unter anderem fordern sie eine unbezahlte Verlängerung der Arbeitszeit von 37 auf 38 Stunden. Die Vertreter der Tarifgemeinschaft Mitteldeutsches Kfz-Handwerk hatten auch noch die Frechheit das damit zu begründen, dass die KollegInnen dann ja weniger Gelegenheit zur Schwarzarbeit hätten! Insgesamt würden dadurch 40 Arbeitsplätze wegfallen, allein in der BMW-Niederlassung Leipzig wären fünf KollegInnen betroffen. Der IG Metall-Verhandlungsführer konterte die Dreistigkeit: “Sie sagen, es wären ja nur 12 Minuten am Tag länger! Aber ich kann mir auch für 12 Minuten was besseres vorstellen als zu arbeiten!”

Der Leipziger DGB-Chef richtete den Streikenden Grüße von der IG BAU aus. Wenn es zu einem Arbeitskampf kommen sollte, dann werden die Bauarbeiter bereit stehen, um die Werkstatttore mit Zement zuzuschütten!

Leipziger SAV-Mitglieder beteiligten sich am Warnstreik und verkauften sechs Zeitungen. Ein Kollege hielt die Titelseite unserer Zeitung (“Widerstand gegen Merkel, Münte & Manager!”) in die laufende Fernsehkamera!

Die beginnende Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie wurde auch angesprochen. Allerdings wurde nicht aufgezeigt, wie ein erfolgreicher gemeinsamer Kampf aussehen könnte. Dabei ist gerade das jetzt wichtig: Die Beschäftigten aus Industrie, Handwerk, Öffentlichem Dienst, Gesundheitswesen und anderen betroffenen Bereichen müssen den Bossen zusammen gegenüber treten.

Denn dass auch im Osten eine breite Streikbewegung möglich ist, zeigten die KollegInnen der Uniklinik, als 500 von ihnen am 7. Februar trotz Regen zu einer Warnstreikkundgebung zusammen kamen. Diesmal hatte nicht der Marburger Bund, sondern ver.di zum Streik aufgerufen. Seit drei Jahren hat es keine Lohnerhöhungen mehr an der Uniklinik gegeben. Stattdessen bekommen Neueingestellte außertarifliche Verträge und die Azubi-Vergütungen wurden von 600 Euro auf 280 Euro (!) abgesenkt! Die Wut darüber zeigte sich auch an der guten Streikbeteiligung von Azubis.

Bernhard Krabiell, der ver.di-Vorsitzende des Bezirks Leipzig-Nordsachsen, kündigte weitere Streikmaßnahmen an, wenn sich die Klinik-Bosse nicht bewegen sollten. Leider nutzt ver.di die bundesweite Streikbewegung im Öffentlichen Dienst aber noch nicht, um auch in Sachsen die KollegInnen massiv auf die Straße zu holen. Wenn nur bei der Zwickauer Straßenmeisterei und an der Leipziger Uniklinik zum Streik aufgerufen wird, und auch dort nur mit “Nadelstichen”, dann entwickelt sich kaum eine Dynamik und Begeisterung dafür, den Streik auszuweiten.

Gerade jetzt – angesichts von massiven Entlassungsplänen bei Leipziger Betrieben wie der Telekom, der Allianz, der Victoria-Versicherung und bei Quelle – ist es nötig, die Streikkraft zu bündeln. Ein gemeinsamer stadtweiter Streik- und Protesttag wäre dafür eine gute Gelegenheit.

von Christoph, Leipzig