Präsidentschaftswahlen in Costa Rica  

Lieblingskandidat der USA hat die Nase vorn 
 

Eigentlich wollte der Sozialdemokrat Oscar Árias seinen Sieg bei der Präsidentschaftswahl vom 05. Februar 2006 schon ein halbes Jahr vorher feiern: Die Büros seiner Wahlkampagne hatte er vor gut sechs Monaten als „Häuser des Sieges“ einweihen lassen, so sicher war er sich seiner Sache. In Europa gilt der Expräsident (1986-1990) und Friedensnobelpreisträger als Progressiver; eindeutig ein Missverständnis, denn in seiner Heimat Costa Rica wird der Medienmogul als „Berlusconi Mittelamerikas“ und Hardliner gefürchtet. Sein Hauptanliegen ist die Ratifizierung des CAFTA-Freihandelsabkommens (spanisch TLC) mit den USA, gegen das in den vergangenen Monaten zehntausende protestiert haben.

Alle Wahlumfragen sahen Árias weit vorn, am Wahlabend verschlug es den Parteigängern seiner Partei PLN dann aber das Lächeln: Die übermittelten Ergebnisse aus den Wahlkreisen ließen seinen Vorsprung von angeblich 15 Prozentpunkten auf gerade einmal 0,2 zusammen schrumpfen. Mit 40,2 Prozent liegt sein Herausforderer Ottón Sólis fast gleichauf. Nun werden alle Stimmen per Hand nachgezählt, um den neuen Präsidenten zu ermitteln. Nichtregierungsorganisationen und andere Beobachter berichten indes von Unregelmäßigkeiten. Oscar Árias habe Mittel und Wege seinen Wahlsieg sicher zu stellen, heißt es. Schon seine viele Millionenschwere Wahlkampagne wurde aus undurchsichtigen Quellen gespeist.

Ottón Sólis profitierte vor allem von der starken Anti-CAFTA-Bewegung im Land. Die meisten der fast 590.000 Stimmen (von knapp 1,5 Millionen abgegeben Stimmen in Costa Rica) für seine „Partei der Bürgeraktion“ PAC kommen von ArbeiterInnen, Jugendlichen und Erwerbslosen aus dem industrialisierten zentralen Hochland von Costa Rica, wo sich auch die Hauptstadt San José befindet. Die PAC wurde im Jahr 2000 gegründet als Reaktion auf den neoliberalen Kurs der sozialdemokratischen PLN sowie die Korruption der etablierten Parteien PLN und PUSC. Bislang war sie nirgendwo in Regierungsverantwortung und genießt deshalb eingeschränktes Vertrauen. Eingeschränkt, weil Sólis selbst Planungsminister in der letzten Regierung Árias gewesen ist.

Die PAC bezieht Stellung gegen „dieses CAFTA“, die Partei will das Abkommen mit den USA neu verhandeln, um soziale Standards in Costa Rica zu wahren. Ihr Programm ist ansonsten linksliberal, die PAC genießt zwar Unterstützung von den Gewerkschaften – insbesondere von der Belegschaftsvertretung der staatlichen Telekom – und vielen Organisationen, welche an den Protesten beteiligt sind, aber genauso von costaricanischen Unternehmen.

In seiner Heimatregion, dem sehr armen nördlichen Guanacaste im Norden des Landes, sind Sólis und seine Familie zudem als Kredithaie bekannt, die Geld verleihen und Land als Pfand nehmen. Viele verarmte Landarbeiter haben sich so Mittel besorgt, um ihr Glück in den USA zu versuchen. Wer dort scheitert und mit leeren Händen zurückkehrt, der steht dann auch in Costa Rica vor dem Nichts. Deshalb dürfte Wahlmanipulation nicht der einzige Grund sein, warum Árias in Guanacaste und anderen armen Regionen klar führt. Im Gegensatz zur PAC hat die PLN den armen Wählern auch kleine, aber konkrete Wahlversprechen gemacht, wie zum Beispiel eine monatliche Unterstützungszahlung.

Auf Rekordniveau lag dann auch die Wahlenthaltung: Etwa 35 Prozent der Wahlberechtigten stimmten nicht ab. Nach vier Jahren der Abstinenz zieht mit José Merino von der Frente Amplio (15.434 Stimmen, 1,13 Prozent) wieder ein Abgeordneter der antikapitalistischen Linken ins 57köpfige Nationalparlament ein. Die linkssozialdemokratische Fuerza Democratica erzielte 11.525 Stimmen (0,84 Prozent) und das kommunistisch-trotzkistische Bündnis Izquierda Unida kam auf 4831 Stimmen (0,35 Prozent).

von Tereas Salomé, San José