Venezuela – Frauen besetzen Fabrik in Caracas

Seit sechs Wochen führt eine Gruppe von 40 Frauen einen Kampf für Jobs und bessere Bezahlung gegen die Firma Selfex im Südosten der Hauptstadt Caracas.
 

Der Damenunterwäsche-Hersteller Selfex, der unter dem Markennamen LONY produziert, stellte die Fabrikation im August 2005 unter dem Vorwand ein, man könne die Produktion nicht länger aufrecht erhalten. Man versuchte die 250 KollegInnen unter dem Vorwand nach Hause zu schicken, es handele sich um für alle verpflichtenden unbezahlten Jahresurlaub. Die zu 80% weibliche Belegschaft lehnte dies ab und bestand auf ihrem Recht auf Weiterbezahlung, Essensmarken und Krankenversicherung.

von Elizabeth O’Hara, Socialist Party (Schwesterorganisation der SAV in GB), z.Zt. Caracas, Venezuela

Bis Mitte Dezember letzten Jahres wurden dann die Löhne weiter ausgezahlt, bevor die Eigentümer Konkurs anmeldeten. Am 12. Dezember 2005 wurden dann die Fabrik besetzt, der Haupteingang mit einem Schloss dicht gemacht und alle weiteren Zugänge mit Kontrollposten belegt. Die KollegInnen haben seither einen Schichtplan ausgearbeitet, um eine Besetzung rund um die Uhr sicher zu stellen. Seither haben sich die Fabrikbesitzer nicht mehr blicken lassen. Viele in der Belegschaft bezweifeln lebhaft, dass der Betrieb tatsächlich Pleite sein soll. Sie erinnern daran, dass die Konzernleitung bereits 2003 eine Aussperrung verfügt hat und die KollegInnen dennoch zur Arbeit erschienen waren. Diesmal sind die ArbeiterInnen genauso entschlossen in ihrem Handeln wie noch vor drei Jahren. Und sie glauben, dass die Konzernleitung nur darauf wartet, dass die KollegInnen müde werden und nach Hause gehen.

Eine von ihnen, Maria Theresia Bravo, sagte: „Diese Firma produziert seit 70 Jahren. Es sind Nähmaschinen vorhanden und auch LKWs, um die Waren auszuliefern. Über all dem haben wir eine Belegschaft, die gewillt ist zu arbeiten. Alles, was wir brauchen, um die Produktion wieder anzufahren, ist Kleidung und Baumwolle. Wir sind alle 30 bis 50 Jahre alt. Wir müssen unsere Familien ernähren. Wir sind entschlossen, unsere Jobs zu verteidigen!“

Die Frauen, die im Übrigen alle im venezolanischen Gewerkschaftsbund UNT organisiert sind, sind unterbezahlt und haben seit Dezember letzten Jahres kein Geld mehr gesehen. Rosa Sojo dazu: „Wir waren nicht einmal in der Lage, die Badeanzüge und Unterwäsche im Geschäft zu bezahlen, die wir selbst hergestellt haben. Wir kriegen nur den Mindestlohn.“

Die Frauen haben das Gefühl, dass das Chávez-Regime eine Atmosphäre geschaffen hat, in der sie motiviert sein können, für ihre Forderungen und Rechte zu kämpfen. Trotz des Vertrauens in das Chávez-Projekt darf nichts darüber hinweg täuschen, dass es immer noch existenziell wichtig ist, dass sich die ArbeiterInnen unabhängig organisieren und ihre Forderungen aufstellen. Wie etwa den Anspruch auf Öffnung der Geschäftsbücher, damit die ArbeiterInnen einen Einblick kriegen, wohin die Profite gegangen sind und weiterhin gehen. Darüber hinaus müssen die KollegInnen Wege diskutieren, wie eine Wiederaufnahme der Produktion unter eigener Regie möglich sein und eine Vergesellschaftung unter ihrer demokratischen Kontrolle gelingen kann.

Solidaritätsadressen schickt ihr bitte an: cwi_venezuela@yahoo.com
Kopien bitte an: cwi@worldsoc.co.uk