Anti-WTO Gipfel: Proteste starten in HongKong  

Ein Bericht von den ersten Demonstrationen und der CWI-Intervention in Hong Kong
 

"Junk the WTO!", "Derail the WTO!", "Stop the Doha Round" ( “WTO auf den Müll!”, “Lasst die WTO entgleisen!”, “Stoppt dieDoha-Runde!”), dies waren nur ein paar der Sprechchöre die man inHongkong am letzten Sonntag hören konnte.

Ungefähr 5.000 Demonstranten, vor allem weibliche GastarbeiterInnen aus Indonesien und den Philippinen, marschierten bei der Demonstration der „Hong Kong People`s Alliance Against the WTO“ mit  -  eine weitläufige koordinierende Gruppe, in welcher die HCTU–Gewerkschaftsorganisation eine Schlüsselrolle spielt. Das Ziel ihres Zorns war das sechste Ministertreffen der großen wirtschafts-dominierten globalen Handelsorganisation, welches am Dienstag, dem 13. Dezember startete. (Mehr Informationen über die WTO und das von internen Zänkereien geprägte Treffen auf der CWI–Homepage)

MigrantInnen stark präsent

Trotz massiver Propaganda von Seiten der ungewählten Regierung, welche darauf abzielte die DemonstrantInnen als gewalttätige UnruhestifterInnen zu brandmarken, war die Demonstration laut der South China Morning Post fast „wie ein Karneval“. Farbenfrohe Wagen, von denen einer die WTO als einen gigantischen, die arme Mehrheit der Weltbevölkerung erwürgenden Tintenfisch portraitierte, standen  im starken Kontrast zu den sonst geläufigen Hochhäusern des Finanzzentrums. TänzerInnen, TrommlerInnen und sogar ein menschliches Huhn mit dem Plakat „ WTO ist tödlicher als die Vogelgrippe“ sorgten für zusätzlichen Spaß.
Der Preis für die effektivste Organisation geht eindeutig an die mehr als 2,000 indonesischen und philippinischen Frauen, die mit ihren bunten anti-WTO Outfits, Tänzen und Gesängen die Demonstration dominierten.

Es gibt 80,000 ausländische Arbeitskräfte in Hong Kong, welche vor allem im Pflege- und Dienstpersonalbereich arbeiten, wo sie auf alte Menschen oder Kinder aufpassen. Sie haben nur einen freien Tag in der Woche – den Sonntag – und den letzten Sonntag nutzten sie, um ihren Forderungen nach besserem Gehalt und mehr Arbeitssicherheit Gehör zu verschaffen. „No to Commodification of Migrants – Stop GATS!“ ( Nein zu MigrantInnen als Massenware! – Stoppt GATS! ) war einer ihrer Leitsprüche, auf dutzenden roten T-Shirts aufgedruckt. Der Spruch spielt auf das berühmt-berüchtigte GATS an, welches, wenn es angenommen wird, die Ausbeutung der MigrantInnen noch verschärfen würde. 

“BäuerInnen, FischerInnen und ArbeiterInnen müssen im Ausland arbeiten, weil sie in Indonesien keine Arbeit finden können.” sagte Panny Sri, die in Hong Kong seit 2 Jahren arbeitet. „Sie haben keine Arbeit weil unsere Regierung die WTO unterstützt.“

Die explosive Stimmung unter den ArbeitsimmigrantInnen Asiens wird durch die gleichzeitig stattfindende Demonstration in Taipeh unterstrichen, bei welcher hunderte Menschen teilnahmen. Schilder mit dem chinesischen Schriftzeichen für „Sklave“ klagten die Ausbeutung an. Ebenfalls in diesem Jahr gab es Unruhen vietnamesischer und indonesischer Bauarbeiter im südlichen  Taiwan, die sich gegen Niedrigstlöhne und menschenunwürdiges Management wehrten. Diese Arbeitskämpfe sind nur ein Vorbote dafür, was sich in der kommenden Zeit überall entwickeln könnte. 

Die Internationale

Für die CWI-Mitglieder war es trotz Jetlag ein erhebendes Gefühl mit dem jugendlichen Kontingent  der MarxistInnen aus Taiwan und Hong Kong, die Internationale in Chinesisch und zwei anderen Sprachen singend, zu marschieren. Für die Uneingeweihten, diese echten SozialistInnen sind nicht mit der pro-kapitalistischen und pro-WTO Kommunistischen Partei Chinas zu verwechseln, welche China an ausländische KapitalistInnen verkauft und protestierende BäuerInnen erschießen lässt.

Das marxistische Kontingent der Demonstration – repräsentiert von solchen Gruppen wie Pioneer (Hong Kong) und der Worker`s Democracy Association (Taiwan) – steht für Widerstand gegen den Kapitalismus und echten Sozialismus, basierend auf der demokratischen Kontrolle der ArbeiterInnen über die Wirtschaft und den Staat. Obwohl viele TeilnehmerInnen der Demonstration keine SozialistInnen waren, ist es klar, dass sozialistische Ideen – die die einzige klar definierte Alternative zur kapitalistischen Globalisierung sind – bei den jungen Menschen der Region an Zustimmung gewinnen.

Die taiwanesischen SozialistInnen kamen mit 30 TeilnehmerInnen nach Hong Kong. Sie hatten im Sommer eine Tour durch Universitäten und Schulen organisiert, wo sie einen Film über die WTO zeigten und den arbeiterklassenfeindlichen Charakter der WTO erklärten. Ansonsten war die Teilnahme an den Demonstrationen aus Hong Kong selbst eher gering, da die Regierung sehr viel pro-WTO Propaganda eingesetzt hatte. Das Bewusstsein der Gefahr durch die WTO ist in Ländern unweigerlich höher, die bereits unter den Effekten der WTO-Regelungen leiden müssen, wie Indonesien, den Philippinen und Südkorea. Aber sogar Hong Kong könnte in der nächsten Zeit einen abrupten Stimmungswandel erleben.

Einschüchterungstaktiken

Die hysterischen Vorraussagen von Gewalt und Krawallen sind ein wichtiges Element der Regierungspropaganda. Eine ein Meter hohe Mauer wurde bei einer der beiden Demonstrationszonen errichtet. Die Pressesprecherin der HKPA verurteilte diese Aktion, da es verhindern würde dass die Botschaften der Demonstranten die Würdenträger erreichen.

Kwok Gil-seong, welcher die bis zu 2,000 Mitglieder der Koreanischen Bauern-Liga in Hong Kong vertritt, regte sich ebenfalls über die Polizei auf: „Das ist nicht der gewalttätige Protest über den alle so besorgt sind. Wir halten uns an die Demonstrationsregeln Hong Kongs.“ Die BäuerInnen kämpfen gegen WTO-Verträge, die ihre Regierung dazu zwingen die Subventionen für landwirtschaftliche Produkte wie Reis zu senken, was den sicheren Bankrott für Zehntausende bedeutet. Wie auch überall sonst versteckt sich die Regierung in Seoul hinter der WTO-Weisung, die Wirtschaft zu restrukturieren. In der Praxis wirkt sich diese „Restrukturierung“ als direkter Angriff auf ArbeiterInnen und BäuerInnen zu Gunsten der großen Konzerne aus.

Drei südkoreanische Bauern begingen diesen November Selbstmord, um gegen diese Pläne zu demonstrieren. Ihre Organisation plant eine Kerzen-Totenwache für sie in Hong Kong abzuhalten. Mittlerweile wurden die SüdkoreanerInnen von der lokalen Presse als die „bösen Buben“ gebrandmarkt, was zu eklatanten rassistischen Übergriffen und Diskriminierung führte. Mindestens ein Hotel sagte bereits eine Buchung ab, die drei Monate zuvor von einer südkoreanischen Protestgruppe getätigt wurde. 

Diskussion über eine Alternative

Die Aktionswoche geht weiter mit einer neuen Demonstration am Dienstag, während der Eröffnungszeremonie. Seminare und Treffen werden organisiert mit Themen wie „Handel und Krieg: Ein zweiköpfiges Monster“. Es gibt eine ganze Reihe von Treffen über Arbeitsrecht in China und wie man unabhängige Gewerkschaftsorganisationen in China unterstützen kann. China ist derzeit der größte Arbeitsmarkt ohne Gewerkschaftsorganisation. Für SozialistInnen sind diese Demonstrationen eine große Möglichkeit um zu diskutieren und von unzähligen Arbeitskämpfen in Asien zu lernen. Es ist wichtig die Notwendigkeit für neue sozialistische ArbeiterInnenparteien aufzuzeigen, die die Aufgabe haben, kämpferische Massengewerkschaften und andere Organisationen der ArbeiterInnenklasse und der unterdrückten Massen wieder aufzubauen.

CWI Mitglieder konnten rund 1000 Flugblätter in Englisch und Chinesisch verteilen, unter dem Titel “Nieder mit der WTO – Beendet Armut und Krieg – Kämpft für eine sozialistische Welt”. Wir konnten 24 Ausgaben des Magazins „Socialism today“ verkaufen und 150 anti-WTO Buttons. CWI Mitglieder gaben auch ein kurzes Interview für die Ming Pao (chinesisch-sprachige) Zeitung und einen regionalen Fernsehkanal.

von Laurence Coates, vom CWI-Team in Hong Kong (Danke für die Übersetzung an David, SLP Wien-West)