CWI-Kampagnen gegen Niedriglöhne
Mangels Alternative sitzen immer mehr Menschen für wenig Geld an der Supermarkt-Kasse, kellnern, putzen, tragen Zeitungen aus oder sind Leiharbeiter. Die Folgen solcher McJobs sind Unsicherheit, Stress und Armut im Alter durch niedrige Rentenansprüche.
Prekär Beschäftigte sind oft Arbeitgeberwillkür ausgesetzt. So gibt es zum Beispiel bei den bundesweit 2.600 Lidl-Filialen nur in acht Filialen einen Betriebsrat. Die Bosse fühlen sich sicherer und sind brutaler als bei Stammbelegschaften, die sich kennen, zusammenhalten und eher Gewerkschafter sind. Frauen, die durch ihre Situation ohnehin schon benachteiligt sind, sind noch leichter erpressbar. Wie können wir uns dagegen wehren?
UNITE-Kampagne in Australien
Die australische Schwesterorganisation der SAV, die Socialist Party, hat die UNITE-Kampagne angestoßen, um was gegen die Ausbeutung von prekär Beschäftigten zu tun, die in Australien mehr als ein Viertel aller Arbeitenden ausmachen.
Beschäftigte von Borders Books sind im vergangenen Jahr an UNITE herangetreten, da sie zwar fest angestellt sind, aber zu Hungerlöhnen arbeiten, ohne Überstundenvergütung und mit Einzelverträgen. Borders Books ist also ein so mieser Arbeitgeber wie Starbucks oder McDonalds und als gewerkschaftsfeindlich bekannt. So erwirtschaftete sich der US-Buchhandlungsmulti im letzten Jahr einen Gewinn von 3,8 Milliarden Dollar.
Nach einer wochenlangen intensiven Kampagne wurde ein wichtiger Punktsieg gegen den US-Multi gewonnen. UNITE hat öffentlich gemacht, wie Borders seine Leute behandelt. Es wurden Kundgebungen vor den Geschäften organisiert, massenhaft Unterschriften gesammelt und plakatiert. Es gab auch eine Konferenz zu dem Thema, wo neben vielen Diskussionen auch Politiker ausgequetscht wurden, was die Aufmerksamkeit der Medien weckte. Aus Angst vor Streik und einer Boykottkampagne gab die Geschäftsführung dem Druck nach. Erkämpft wurde ein Haustarifvertrag, Überstundenvergütung und die Anerkennung der Gewerkschaft – zum erste Mal für Borders in Australien. Die Folge ist, dass Manager mit ihren Einzelverträgen am Sonntag abend um die 16 australische Dollar die Stunde bekommen, während die Beschäftigten für über 40 Dollar Stundenlohn arbeiten!
Soliarbeit für entlassene KollegInnen in Britannien
Das Catering British Airways wurde als Gate Gourmet verkauft und landete schließlich bei Texas Pacific, einer US-Firma, die hart gegen Gewerkschaften vorgeht und zu der auch Burger King gehört. Besitzer ist der Milliardär David Bondermann, der schon mal zehn Millionen US-Dollar für seine Geburtstagsparty ausgegeben hat.
Die Löhne bei Gate Gourmet sind seit drei Jahren nicht erhöht worden. Jetzt sollten Leute aus Osteuropa eingestellt werden, die gezwungen sind, für noch weniger Geld zu arbeiten.
Doch um Abfindungen und Rentenansprüche zu umgehen, provozierte die Geschäftsführung einen wilden Streik. Zuerst wurde ein nicht hinnehmbarer Restrukturierungsplan herausgegeben, der Verschlechterungen bei Löhnen, Sonderzahlungen und Arbeitszeit forderte. Bei der folgenden spontanen Betriebsversammlung wurden alle 800 Beschäftigten auf beson-ders schockierende Weise entlassen: über die Lautsprecheranlage und einer Frist von drei Minuten! Doch die Arbeitgeber hatten nicht mit der Solidarität der Heathrow-Beschäftigten gerechnet. 1.000 Gepäcktransporteure und andere Beschäftigte des Flughafens traten in den Solidaritätsstreik und legten am 11. August den Flughafen lahm.
Sie handelten sehr mutig, und das nicht nur, weil Heathrow einer der gewerkschaftlich am besten organisierten Betriebe ist. Ein Grund bestand darin, dass BA auch ihre Bezahlung und Bedingungen verschlechtern will.
Es ist nötig, dass Gewerkschaften prekäre Beschäftigung zum Thema machen wie bei der Lidl-Kampagne unter anderem mit dem Schwarzbuch. Außerdem müssen sie die prekär Beschäftigten organisieren und vor allem bei deren Kämpfen Solidarität organisieren.
Doch jeder kann einen Beitrag leisten – wie die antikapitalistische Jugendorganisation International Socialist Resistance, die von der Socialist Party in England und Wales mit initiiert wurde. Während der Auseinandersetzung klärten sie vor Burger-King-Filialen im ganzen Land über die Zustände bei Gate Gourmet auf – mit Kundgebungen in Straßen und auf Plätzen, mit Unterschriftensammlungen und mit Infoständen. In solchen Auseinandersetzungen braucht man einen langen Atem. ISR und die Socialist Party mit mehr als einem Dutzend GenossInnen in nationalen Gewerkschaftsvorständen haben dort für Anträge gekämpft, die überregionale Gegenwehr und eine Vernetzung von Protesten vorschlugen. Leider nutzt die Gewerkschaftsführung in Großbritannien ihre Möglichkeiten genauso wenig wie in Deutschland. Aber die KollegInnen von Gate Gourmet und die Solidaritätsarbeit hat viele ermutigt, sich nicht alles gefallen zu lassen.
von Linda Schütz, Rostock