Hunderte Kolleginnen und Kollegen des Bosch-Siemens-Hausgerätewerks in Berlin-Spandau haben sich heute zu einer Protestkundgebung vor dem Werkstor versammelt, um für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze zu demonstrieren. Am letzten Mittwoch hatte die Geschäftsleitung mitgeteilt, dass der Fertigungsstandort Berlin aufgegeben werden soll und bis zu 700 Entlassungen geplant sind.
Luis Sergio, zuständiger IG Metall-Sekretär, begrüßte auch viele KollegInnen anderer Spandauer Industriebetriebe bei seiner Eröffnung der Kundgebung. Die Vertreter von Gewerkschaft und Betriebsrat sprachen kämpferisch angesichts der Wut und Kampfbereitschaft der Belegschaft. Der erste Bevollmächtigte der Berliner IG Metall, Arno Hager, sagte: ?Heute ist erst der Anfang eines Kampfes , der nicht um Abfindungen geht, sondern um eine intelligente Lösung. Wenn es keine Gespräche gibt, wird es zu einer schnellen Urabstimmung und zum Streik kommen.? Das Ziel sei klar: die Fertigung müsse am Standort erhalten bleiben. Auch der Betriebsratsvorsitzende wies darauf hin, dass die Belegschaft auf der Betriebsversammlung am selben Tag geschworen habe, für den Erhalt aller Arbeitsplätze zu kämpfen. Er griff die Geschäftsleitung an, die trotz einer halber Milliarde Euro Gewinn nun Massenentlassungen durchsetzen will. Umso unverständlicher ist vor dem Hintergrund dieser Gewinnsituation des Konzerns das Angebot des Betriebsrates durch eine Arbeitszeitverlängerung auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich 15 Millionen Euro die Profite des Konzerns auf Kosten der Beschäftigten noch zu verbessern. Die Belegscaft sollte dringend diskutieren, ob sie solchen vorauseilenden Zugeständnissen an die Profitgier des Kapitals zustimmen will.
Unter tosendem Applaus rief Luis Sergio aus: ?Die Macht zu entscheiden, ob gearbeitet wird oder nicht, liegt jetzt bei uns!? Die Kampfbereitschaft unter den Kolleginnen und Kollegen ist groß. Weitere Aktionen sind in den nächsten Tagen geplant. Auch ein Solidaritätstreffen mit KollegInnen anderer Betriebe soll am morgigen Dienstag stattfinden.
Was tun?
Die Arbeitsplätze sind nur durch entschlossene Gegenwehr zu retten. Die Konzernleitung scheint entschlossen, den Standort dicht zu machen. Nötig sind jetzt nicht Kompromissangebote, sondern kompromissloser Kampf! Die heute begonnene Betriebsversammlung sollte unbefristet ausgedehnt werden und eine Urabstimmung sofort eingeleitet werden. Streik ist die einzige Sprache, die die Bosse verstehen. Die Belegschaft sollte eine Streikleitung wählen und eine Betriebsbesetzung vorbereiten.
Entscheidend wird sein, ob die Solidarität anderer Belegschaften und der Bevölkerung mobilisiert werden kann. Dazu sollte die IG Metall schnellstmöglich Informationsveranstaltungen in Betrieben und Stadtteilen durchführen und als ersten Schritt eine große einheitliche Demonstration gegen Entlassungen und Betriebsstilllegungen in Berlin durchführen. Solidaritätsstreiks sind eine weitere Möglichkeit die BSH-KollegInnen zu unterstützen. Hier kommt es nicht nur auf Berlin an, sondern vor allem auch auf die anderen Siemens-Standorte. Die IG Metall sollte eine bundesweite Konferenz der Siemens-Vertrauensleute und Betriebsräte einberufen, die über konzernweite Widerstandsaktionen beraten und entscheiden könnte.
Auch für die neue Linkspartei ?Arbeit & soziale Gerechtigkeit ? die Wahlalternative? (WASG) ist der Angriff auf die 700 Arbeitsplätze eine Herausforderung. Sie sollte umgehend eine Soliadritätskampagne starten und den Kampf der Belegschaft aus Spandau in ganz Berlin bekannt machen. Schade, dass bei der heutigen Kundgebung zwar Politiker von SPD und CDU zu Wort kamen, es aber keine Solidaritätserklärung der WASG gab.
Sascha Stanicic
SAV-Bundessprecher und Mitglied der WASG Berlin-Neukölln