Neue Linkspartei zur Interessensvertretung von Beschäftigten machen

Die erste Bundesdelegiertenkonferenz der WASG stellt die Weichen zur Gründung einer neuen Partei
 
Die 1. Bundesdelgiertenkonferenz der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) beschloss am 20. und 21. November den Fahrplan zur Gründung einer neuen Partei und zur Kandidatur bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen (NRW) im Mai 2005. Das schafft die Grundlagen: Eine neue Partei für Beschäftigte, Erwerbslose, Jugendliche und RentnerInnen kann und muss aufgebaut werden.
Beschlossen wurde ein Zeitplan nach dem bis zum 18. Dezember die Urabstimmung unter den Mitgliedern abgeschlossen sein soll und im Januar eine Vorgründung der neuen Partei durch den Länderrat erfolgt. Die SAV setzt sich dafür ein, mit einer hohen Wahlbeteiligung ein klares „Ja“ bei der Urabstimmung für die Parteigründung zu erzielen und so  den bestmöglichen Start hinzulegen! Im Februar oder März wird dann ein großer Programmkongress stattfinden und im April oder Anfang Mai wird in NRW der Gründungsparteitag stattfinden.
Auf Beschluss der Konferenz hin wird nun eine Kandidatur in NRW angestrebt. Am 22. Januar 05 prüft der Länderrat, ob die Bedingungen dafür erreicht sind. Der Kongress beschloss außerdem eine Solidaritätserklärung mit den Opel-Beschäftigten und eine Resolution, die den sofortigen Truppenabzug aus dem Irak fordert.
Leider war auf der Tagesordnung aber keine Programmdiskussion vorgesehen. Dass es ein Bedürfnis nach inhaltlicher Diskussion gab, drückte sich dafür in einem Ansturm von Redebeiträgen bei der Aussprache zum Bundesvorstand aus.
Detlef Hensche, ehemaliger Vorsitzender der IG Medien, verurteilte in einem Referat den Sozialabbau und die Angriffe in den Betrieben sowie die angebliche Alternativlosigkeit zur neoliberalen Politik und beendete sein Referat mit dem Appell: „Dieses Land braucht Alternativen“. Die Frage, welche Alternative dies sein soll, blieb auf der Konferenz jedoch offen.
Der erste Schritt dazu ist, klar zu benennen, in wessen Interesse die momentanen Angriffe stattfinden. Hensche machte vor allem „die aus Berlin Mitte“, also die Regierenden, dafür verantwortlich und ließ das Profitsystem außen vor.
Ursel Beck, SAV-Mitglied und Delegierte aus Stuttgart, erklärte dazu: „Vor dem Hintergrund der Krise des Kapitalismus wird jeder Kampf für eine kleine Verbesserung oder gegen jeden Angriff der Unternehmer die Frage aufwerfen, wer die Kontrolle über die Wirtschaft hat und damit auch die Frage einer anderen Gesellschaft.“

Programm

Der alte Bundesvorstand schaute vor allem auf die Sicherung des „Sozialstaats“ innerhalb des Kapitalismus. Doch angesichts der strukturellen Krise des Kapitalismus gehen die Banken und Konzerne für ihre Profite in die Offensive. Sie stellen alle Errungenschaften der Arbeiterbewegung der letzten 150 Jahre in Frage. Dagegen hilft kein Hoffen auf den Staat oder auf parlamentarische Erfolge. Gegen den Klassenkampf von oben hilft nur Gegenwehr von unten – ohne Rücksicht auf die Gewinne einiger weniger.
Deshalb treten SAV-Mitglieder in der WASG dafür ein, den Kampf gegen die konkreten Angriffe mit dem Kampf für eine sozialistische Gesellschaft zu verbinden.
Klaus Ernst vom geschäftsführenden Bundesvorstand hatte noch versucht, Stimmung gegen Gruppen zu machen, die „ihre Versammlungen in Telefonzellen abhalten“ könnten. Das war ganz offensichtlich ein Versuch, gegen die wenigen offen auftretenden sozialistischen Organisationen vorzugehen, von denen wiederum nur die SAV für eine klare, sozialistische Ausrichtung der WASG argumentierte. Diese Gruppen sollten nach Meinung von Ernst keinen Einfluss auf den Kurs der WASG bekommen. Christine Lehnert, SAV-Mitglied aus Rostock, unterstrich allerdings mit ihrer Kandidatur zum Bundesvorstand der WASG den Anspruch von SozialistInnen, in der WASG um Mehrheiten zu kämpfen. Sie erzielte mit 86 der 250 Delegierten-Stimmen ein Ergebnis, das deutlich macht, dass eine starke, auch ausdrücklich sozialistische Linke in der WASG Anklang findet.

Kämpferische Partei

Wenn die WASG sich in den nächsten Monaten als Partei gründet und mit einer Kandidatur in NRW beweist, dass sie es ernst meint, kann die neue Partei schnell von jetzt 6.000 auf einige zehntausend Mitglieder wachsen. Eine solche Kraft könnte in den kommenden Kämpfen in den Betrieben und in sozialen Auseinandersetzungen eine wichtige Rolle spielen. Sie könnte der Attraktionspol für die Hunderttausenden werden, die sich in den nächsten Jahren in Betrieben, Gewerkschaften und sozialen Bewegungen engagieren werden. Nach dem wilden Streik bei Opel Bochum sind nun zum Beispiel 17 Opel-KollegInnen, unter ihnen einer der StreikführerInnen, in die WASG eingetreten.
Doch diese Entwicklung hin zu einer neuen Arbeiterpartei wird vom bisherigen WASG-Kurs gefährdet: In den letzten Monaten hat es eine ganze Kette von Protesten und Streiks gegen Soziallabbau und die Angriffe in den Betrieben gegeben. Die WASG braucht eine klare Ausrichtung auf diese Kämpfe und ihre Mitglieder müssen sich in den Gewerkschaften dafür einsetzen, dass die Blockadehaltung der Gewerkschaftsführungen durchbrochen wird.
Der neue WASG-Bundesvorstand sollte hier den Kurs korrigieren und in die Offensive gehen: Den meisten Applaus erhielt Hensche auf der Konferenz für seine Feststellung, dass ein Generalstreik in Deutschland überfällig ist. Dann müssen auch Ross und Reiter benannt werden, die dem heute entgegen stehen!
Um die Aufbruchsstimmung der Konferenz zu nutzen ist es jetzt die Aufgabe der AktivistInnen sich in der WASG für eine demokratische Programmdiskussion einzusetzen an der alle Mitglieder beteiligt sind. Die Mitglieder in NRW müssen möglichst schnell damit beginnen eine Ausrichtung der Kandidatur zu den Landtagswahlen zu diskutieren.
Wir fordern Beschäftigte, Erwerbslose, Jugendliche und RentnerInnen auf, mit uns in der WASG für eine kämpferische, demokratische und sozialistische Partei aktiv zu werden.

von Tinette Schnatterer, Delegierte zum Bundeskongress der WASG und Mitglied des Koordinierungskreis der WASG Stuttgart