Noch vier Jahre Bush?!

Kerry und die Demokraten sicherten Bush den Wahlsieg
 
Sind die Amis wirklich so doof?, diese Frage drängt sich nach der Berichterstattung in Deutschland über die US-Wahlen auf. Zunächst bescherte der Irak-Krieg Bush im Wahlkampf fast täglich eine schlechte Presse. Dann war er der erste Präsident, unter dem es zu einem Nettoverlust an Jobs kam (1,6 Millionen). Und die Jobs, die geschaffen wurden, werden schlechter bezahlt. Über 40 Millionen müssen nach wie vor ohne Gesundheitsversicherung auskommen. Statt diese Probleme zu lösen, machte Bush Steuergeschenke an die Reichen. Schließlich meinten in Umfragen 50 Prozent, dass das Land in eine falsche Richtung geht. Trotzdem gewann Bush die Wahl!
Schuld an Bushs Sieg hatte Kerry. Am Anfang der Wahlkampagne sah es so aus, als ob Howard Dean, der gegen die Kriegspolitik markige Sprüche klopfte, von den Demokraten nominiert werden könnte. Doch dann wurde John Kerry auserkoren. Eigentlich hatte er im ganzen Wahlkampf nur einen Programmpunkt – dass er nicht Bush ist; oder dass er der ?bessere? Bush ist. Der Krieg? Den werden wir besser führen. Die Wirtschaft? Freihandel schafft mehr Jobs. Steuern? Die werden wir auch senken. Die Europäer mögen uns nicht? Wir werden mit ihnen reden. Homoehe? Bin ich dagegen, vielleicht aber auch nicht?! Immer wieder hörte man, dass Leute für Kerry waren, aber nicht wussten, wofür Kerry eigentlich war. Warum die Kopie wählen, wenn man den echten Bush kriegen kann?

Zwei Parteien des großen Geldes

63 Prozent der US-Amerikaner, denen ein Vermögen von mehr als zehn Millionen Dollar gehört und 41 Prozent, die über 1 bis 10 Millionen verfügen, wählten Kerry. Für sie gab es keinen Grund, sich über eine Kerry-Präsidentschaft Sorgen zu machen.
Wer vertrat die arbeitende Bevölkerung? Na, auf keinen Fall Bush. Trotzdem schafften es die Demokraten unter Kerry irgendwie, drei Prozent der Stimmen der GewerkschafterInnen, Frauen und AfroamerikanerInnen und neun Prozent der Stimmen der LateinamerikanerInnen gegenüber dem Jahr 2000 zu verlieren.
Trotz höherer Wahlbeteiligung wählten 43 Prozent gar nicht. Aber warum hätten sie auch Kerry wählen sollen? Tatsache ist, dass die Mehrheit der US-AmerikanerInnen Bushs Hass auf Homoehe und Abtreibung nicht teilt. Bush schaffte es aber, mit seinen ?fundamentalistischen? Positionen WählerInnen zu mobilisieren. Hätte Kerry eine vernünftige Krankenversicherung, einen höheren Mindestlohn, niedrigere Bildungskosten und mehr gewerkschaftliche Rechte eingefordert, dann wäre er auch von vielen gewählt worden, die in anderen Fragen heute noch reaktionäre Ideen unterstützen. Stattdessen verpulverte er Energien (und 20 Millionen Dollar), um dem einzigen Kandidaten, der für diese Fragen eine Kampagne machte, Ralph Nader, Steine in den Weg zu legen.

Das kleinere Übel?

Der Verbraucheranwalt Nader, der als Unabhängiger antrat, erklärte immer wieder: Wenn man das ?kleinere Übel? wählt, dann kriegt man trotzdem nichts Gutes. Das trifft auf Kerry zu. Da viele Linke diesmal der Meinung waren, alles ist besser als Bush, schnitt Nader schlechter ab als vor vier Jahren (statt drei Prozent kam er nur auf knapp 0,5 Prozent). Dazu kommt, dass er nicht in allen Bundesstaaten antreten durfte.
Um das mächtigste Land der Welt zu verändern, werden ArbeiterInnen und Erwerbslose einen längeren Atem brauchen ? es gilt, jetzt damit anzufangen eine neue Partei aufzubauen, die die Interesse aller Lohnabhängigen vertritt, und die die Macht der Kriegstreiber und der großen Konzerne angreift.
Nach dem 11. September hatte Bush in den Umfragen 90 Prozent Unterstützung. Als der Krieg begann, hatte er die meisten US-AmerikanerInnen hinter sich. Demgegenüber ist seitdem schon viel passiert. Die Zweifel an der Irak-Politik des Weißen Hauses wachsen. Gegen den Republikaner-Parteitag in New York protestierten eine halbe Million Menschen. Neben den großen Streiks der Hafenarbeiter an der Westküste und den Supermarkt-Beschäftigten in Kalifornien nehmen Unmut und Kampfbereitschaft auf betrieblicher Ebene zu. Dieser Stimmungsumschwung kam bei den Wahlen kaum zum Ausdruck, wird sich jedoch mittelfristig bei den Protesten gegen Bushs Innen- und Außenpolitik eindrucksvoll zeigen.

von Robin Dudley, Berlin