Alle Stadratsfraktionen stimmten f?r Privatisierung. Besch?ftigte legten Arbeit nieder und Verkehr lahm
Die Beschäftigten der Zwickauer Verkehrsbetriebe haben am Donnerstag den öffentlichen Nahverkehr der Stadt vollständig lahmgelegt. Mit der Arbeitsniederlegung protestierten sie gegen die vorgesehene Privatisierung des Betriebs. »Es ist kein einziger Bus und keine Straßenbahn ausgefahren«, berichtete ver.di-Bezirksgeschäftsführer Wolfgang Steinforth auf Nachfrage. An der außerordentlichen Betriebsversammlung, zu der Betriebsrat und Gewerkschaft aufgerufen hatten, hätten »alle Kollegen, die arbeiten mußten und etliche, die frei hatten, teilgenommen«, freute sich Steinforth. Ihm zufolge beteiligten sich mehr als 240 der insgesamt 280 Beschäftigten an dem früh morgens um drei Uhr begonnenen Ausstand.
»Die wollen raus aus dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes«, stellte Steinforth fest. Die Tarife privater Unternehmen lägen, insbesondere in Ostdeutschland, weit darunter. Besonders empört zeigte sich der ver.di-Funktionär darüber, daß die Privatisierung erfolgen soll, nachdem die Beschäftigten im Vorjahr noch auf Lohn verzichtet hätten, um ihre Arbeitsplätze zu erhalten. 2003 sei die Arbeitszeit um zwei Wochenstunden reduziert worden, was mit einer fünfprozentigen Lohnkürzung einher ging, berichtete Steinforth. Ein Verkauf des Unternehmens werde dem Vertrag, durch den die Kosten um 200 000 Euro monatlich gesenkt würden, die Grundlage entziehen, betonte er.
Am nachmittag unterbrach die Belegschaft ihre Versammlung, um geschlossen an der Sitzung des Stadtrats teilzunehmen, auf der über den Verkauf der Verkehrsbetriebe entschieden werden sollte. Heftige Kritik übten die Beschäftigten am Vorgehen des Stadtrats, der diese Entscheidung ohne vorherige Diskussion traf. Mit breiter Mehrheit ? alle Fraktionen inklusive der PDS sprachen sich für die Privatisierung aus ? wurde der entsprechende Antrag verabschiedet, was einen Tumult unter den anwesenden Beschäftigten auslöste. »Daß öffentlich diskutiert wird, ist doch wohl der Sinn eines Parlaments«, kritisierte Steinforth. »Diese Zwickauer Demokratie ist eine, bei der die Bevölkerung offenbar bloß stört«, sagte er erregt. Am Donnerstag abend wollten die Beschäftigten über ihr weiteres Vorgehen beraten.
von Daniel Behruzi, Berlin