Am 1. Januar 2005 tritt Hartz IV mit allen seinen „Segnungen“ in Kraft. Dazu gehört neben dem auf unter Sozialhilfe-Niveau abgesenktem Alg II auch die Möglichkeit zu Zusatzjobs mit Mehraufwandsentschädigung (oder wie man es allgemein kennt: Ein-Euro-Jobs) zwangsverpflichtet zu werden.
Ein-Euro-JobberInnen erhalten keinen Arbeitsvertrag. Ihre Tätigkeit gilt als Beschäftigungsmaßnahme nach SGB II, nicht als Arbeit. (Clever vom Gesetzgeber: Obwohl es sich hier eindeutig um Arbeit handelt, wird auf diese Weise das Grundgesetzverbot von Zwangsarbeit umgangen.) Sie können auf Zuruf geheuert und ebenso gefeuert werden. Sie besitzen keinerlei ArbeitnehmerInnenrechte. Es gibt keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, keinen gesetzlichen Urlaub, kein Koalitions- oder Streikrecht. Sie haben nicht das Recht Betriebsräte zu wählen oder von Gewerkschaftsvertrauensleuten in dem jeweiligen Unternehmen vertreten zu werden. (Selbst wenn derartige in dem Unternehmen bestehen, sind diese nicht zuständig.)
Wird einE Ein-Euro-JobberIn gefeuert, so ist dafür nicht einmal eine Begründung erforderlich. Auf Zuruf kann man zurück zur Armutsverwaltungsagentur (auch gelegentlich fälschlicherweise Bundesagentur für Arbeit genannt) geschickt werden, wo man auf das Wohl und Wehe und die Tageslaune des zuständigen Fall-Managers angewiesen ist, demgegenüber der/die Alg-II-EmpfängerIn rechenschaftspflichtig ist.
Eine Wahl hat der/die Alg-II-EmpfängerIn nicht, was die Annahme von derartigen Zwangs(arbeits)maßnahmen betrifft. Die Ein-Euro-Jobs gelten als Maßnahme nach SGB II und wer die Annahme verweigert bekommt sein Alg II drastisch gekürzt.
Ein-Euro-Jobs gelten gesetzlich als nachrangige Beschäftigungsverhältnisse. D. h. Vorrang hat die Vergabe der Stelle mit arbeitsvertraglicher Beschäftigung. Diese Regelung kann aber umgangen werden und so kann zB die Stelle einer/s HausmeisterIn in einer öffentlichen Schule bereits nach 6 Monaten der Nichtbesetzung als Ein-Euro-Job vergeben werden. Ähnliches gilt für die Besetzung von Stellen in Grünflächenämtern (Parkreinigung) oder auch bei Sozialdiensten.
Ein-Euro-Jobs können somit zielgerichtet durch die Unternehmen zur Vernichtung regulärer Arbeitsplätze genutzt werden, um diese dann mit weitestgehend rechtlosen Ein-Euro-JobberInnen zu besetzen. Das Gesetz sieht zwar vor, dass derartige Umstrukturierungen nicht direkt erfolgen dürfen, aber durch die Hintertür ist dies durchaus recht einfach machbar. Stellen von ehemals regulären ArbeitnehmerInnen (zB durch Renteneintritt oder eigene Kündigung) oder Zivildienstleistenden werden einfach durch die Unternehmen nicht mehr regulär neu vergeben. Nach der Frist von einem halben Jahr können dann sklavenartige Ein-Euro-JobberInnen bei der Armutsverwaltungsagentur angefordert werden.
Ein-Euro-Jobs sollen die Alg-II-EmpfängerInnen zu gefügigen, möglichst willenlosen und unterwürfigen Arbeitskräften machen. Sie gleichen eher dem Status von SklavInnen als Lohn- oder GehaltsempfängerInnen. Ja selbst der persönlichen Laune der in dem Unternehmen Verantwortlichen sind die Ein-Euro-JobberInnen ausgeliefert. Wie gesagt: Ist man nicht ausreichend willig kann man auf Zuruf gefeuert werden. Und danach sind die gefeuerten Alg-II-EmpfängerInnen wieder auf Gedeih und verderb dem Wohl und Wehe der Fall-Manager ausgeliefert.
Diese Vorgehensweise ist voll beabsichtigt. So kann mittelfristig nachgewiesen werden, dass die Erwerbslosen selbst schuld an ihrer Misere sind, da nicht arbeitswillig genug. Zudem können Sozialleistungen, durch die finanziellen Strafmaßnahmen, im Bundes-, Landes- und kommunalhaushalt eingespart werden. Die Erwerbslosen selber rutschen dabei immer weiter in die Armut.
Zudem kann sich das Kapital mit dem Druckmittel „Arbeitsplatzabbau“ willenlose und rechtlose ArbeiternehmerInnen heranziehen. Schon der Wink mit dem Zaunpfahl „Lohnkosteneinsparung“ wird die ArbeitnehmerInnenseite zu Zugeständnissen oftmals zwingen, die wirtschaftlich überhaupt nicht begründet sind. Eine Spirale nach unten.
Wie läßt sich derartiges vermeiden?
Vermeiden läßt sich dies, indem ArbeitnehmerInnen und Erwerbslose sich nicht gegeneinander ausspielen lassen. Indem sie solidarisch zueinander stehen und gemeinsam für ihre Rechte eintreten. Starke kampfbereite Gewerkschaften müssen in den betroffenen Unternehmen auf Mitbestimmung bei der Vergabe von Ein-Euro-Jobs drängen und entsprechend tarifvertraglich Grundrechtsabsicherungen und arbeitnehmerInnenwürdige Minimalstandards festschreiben. Sie müssen darauf drängen, dass keinerlei Abbau regulärer Arbeitsplätze, auch nicht über die Hintertür der 6-Monats-Frist, erfolgt.
Letztlich zeigen aber diese Ein-Euro-Jobs nur wie menschenverachtend das neoliberale kapitalistische System ist und das es auf den Müllhaufen der Geschichte gehört. Und dazu gibt es nur eine Alternative: den demokratischen Sozialismus.
Heike Hörig, Rostock
Uniformen für 1-Euro-Jobs