20.000 auf der Suche nach Alternativen

Bericht vom Europ?ischen Sozial Forum in London
 
Trotz Kälte, teurer Verpflegung und dem kalten Betonboden im Millenium Dome, auf dem die meisten schlafen mussten, kamen ca. 20.000 BesucherInnen aus ganz Europa zum 3. Europäischen Sozialforum vom 14. bis 17. Oktober nach London. In über 400 Workshops, Seminaren und Plenen wurde über Widerstand gegen Krieg, Rassismus, Privatisierung und vieles mehr diskutiert. Am Sonntag gingen zum Abschluss 70.000 gegen den Krieg im Irak auf die Strasse.
Vielen der meist jungen AktivistInnen wahr nicht nur klar, dass eine ander Welt möglich ist, sondern sie wollten auch wissen, wie diese aussehen soll und wie man sie ereichen kann. Leider wurden ihre Erwartungen oft nicht erfüllt: viele der RednerInnen auf den Podien der verschiedenen Veranstaltungen hatten keine Anwort darauf, warum dieses System nicht funktioniert oder gar eine Alternative dazu und traten meistens nur für einen etwas reformierten Kapitalismus ein.
Einige waren aber auch offene Vertreter dieses Systems: so sprachen auf der Veranstaltung am Vorabend des ESF u.a. Gerry Adams, Kopf der Sinn Fein in Irland und Ken Livingstone, New Labour- Bürgermeister Londons. Der Saal war vor allem mit Zuhörern in Anzügen gefüllt, die ESF-TeilnehmerInnen mussten draussen bleiben. Ken Livingstones Greater London Authority (GLA) war mit 600.000 ? Zuschuss der Hauptsponsor des ESF. Bei einer Veranstaltung gegen die Besatzung des Irak saß ein Vertreter der von den USA eingesetzten Übergangsregierung mit auf dem Podium. Viele TeilnehmerInen waren schockiert darüber, dass unter den Infoständen – zum ersten Mal- auch kommerzielle waren, z.B. der einer Bank!
Die finanzielle Unterstützung von Gewerkschaften machte sich leider auch dadurch bemerkbar, dass rechte Bürokraten einige Seminare dominierten, so brachte es bspw. ein deutscher IGM-Vertreter bei einer Debatte über Arbeitszeiten fertig, die drohende Einführung der 40-Stunden-Woche im Metallsektor nicht zu erwähnen, seine britische UNISON- Kollegin behauptete, die Blair-Regierung ?bemühe sich ernsthaft?, Jobs zu schaffen ( Blair plant gerade, über 104 000 Stellen im öffentlichen Dienst zu streichen!).
Das Potential eines solchen Zusammenkommens tausender antikapitalistischer AktivistInnen kann mit solchen politischen Opfern nicht wirklich genutzt werden, was auch in der schwachen Abschlusserklärung des ESF sichtbar wurde, wo lediglich ein Aktionswochende gegen den Krieg am 19. und 20. März beschlossen wurde, aber sonst keine konkreten internationalen Aktionspläne gegen die europaweiten Angriffe auf Arbeiterrechte, Löhne und Sozialleistungen.
Die Entscheidungen über die Organsation der ESF muss demokratisch durch eine Mehrheit der AktivistInnen erfolgen, bis jetzt können kleine Minderheiten ihre Interessen unter dem Deckmantel des Konsensprinzips durchsetzen. Die Vereinnahmung durch bürgerliche Parteien und rechte Gewerkschaftsführer muss entschieden zurückgewiesen werden, wenn die Bewegung gegen die kapitalistische Globalisierung nicht als linker Arm der etablierten Politik enden soll. Leute wie Livingstone, die gestern noch radikal geredet haben, setzen heute schon die neo-liberalen Angriffe gegen die Massen der ArbeiterInnen, Arbeitslose und Jugendlichen fort, eine Zusammenarbeit mit Leuten, die Imperialismus und Globalisierung repräsentieren, kann wohl kaum funktionieren.
Das CWI ( Kommittee für eine Arbeiterinternationale, dem die SAV angeschlossen ist) ist der Meinung, dass dieser Kampf gegen die Herschaft der Konzerne über unser Leben mit dem Kampf für eine sozialistische Gesellschaft verbunden werden muss. Deshalb haben 200 Mitglieder unserer Internationale, vor allem aus Grossbritannien, aber auch Giechenland, Deutschland, Russland, Frankreich, Belgien und den Niederlanden am ESF teilgenommen und versucht, sozialistische Ideen in die Diskussionen einzubringen. Der Workshop ?Sozialismus ? eine funktionierende Alternative zu Kapitalismus? zog 60 junge ESF-TeilnehmerInnen an, und im Gegensatz zu vielen anderen ESF-Veranstaltungen, wo man kaum zu Wort kam, entstand eine lebendige Diskussion. Am Samstag Abend besuchten 150 Menschen die Veranstaltung der englischen CWI-Sektion Socialist Party mit inernationalen SprecherInnen, unter anderem Joe Higgins, Parlamentsabegordneter der Socialist Party in Südirland. Wir konnten mehr als 750 Zeitungen verkaufen und 150 InteressentInnen kennenlernen, die bereit sind, mit uns die Welt zu verändern und eine sozialistische Welt möglich zu machen.

von Conny Dahmen, zur Zeit London