Streik bei Opel Bochum

Flugblatt der SAV vom 18. Oktober 2004
 
General Motors ? Opel, Saab, Vauxhall:
Gemeinsamer Kampf um jeden Arbeitsplatz und jedes Werk!

?Wir sind am Drücker, wir sitzen am längeren Hebel?, so einer von Tausenden spontan streikenden Kollegen bei Opel Bochum am 15. Oktober. Ein Streik mit einer Blockade der Werkstore durch Gabelstapler und Lastwagen, einer Konrolle der Werksein- und ausgänge durch die Beschäftigten ? das ist die richtige Antwort auf die Sparpläne von General Motors (GM).
GM, der weltgrößte Autokonzern, verkündete soeben Quartalszahlen mit einem Gewinn von 440 Millionen Dollar. Gleichzeitig sollen von den 62.000 Arbeitsplätzen in Europa 12.000 vernichtet und  damit 500 Millionen Euro jährlich mehr Profit entstehen. 90 Prozent der Arbeitsplatzvernichtung sollen GM zufolge bereits 2005 durchgezogen werden. Das Ziel: Kürzung der Lohnkosten bis Ende des Jahrzehnts um 30 Prozent.
Die Regierung in Deutschland jammert jetzt über GM ? und akzeptieren doch die Logik des Marktes: Sie senkt Steuern für die Reichen, macht den Banken und Konzernen Geschenke und betreibt dafür Sozialkahlschlag. Solche Regierungen stehen ? abgesehen von ihren Worten ? auf der anderen Seite.

Wir fordern:

– Keinerlei Schließungen von Werken, Kampf um jeden Arbeitsplatz

– Gegen Entlassungen und Arbeitslosigkeit: Massive Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich.

– Öffnung der Geschäftsbücher. Die KollegInnen müssen wissen, wie die Lage wirklich aussieht und wo die Profite der letzten Jahre hingegangen sind.

– Überführung aller Konzerne, die entlassen oder mit Werksverlagerungen drohen, in öffentliches Eigentum bei Kontrolle und Verwaltung durch Beschäftigte und Allgemeinheit: Die Werke wurden durch die Beschäftigten aufgebaut und betrieben, ganze Regionen hängen von ihnen ab. Die Entscheidungen über die Verwendung dieser Ressourcen müssen der Diktatur des Profits entzogen und demokratisch im Interesse der KollegInnen und der Allgemeinheit gefällt werden.

Die Versuche die Werke zum Beispiel in Trollhättan bei Göteborg (Schweden) und in Rüsselsheim bei Frankfurt gegeneinander auszuspielen, müssen durch einen gemeinsamen Kampf aller KollegInnen bei GM durchkreuzt werden. Die KollegInnen bei GM in Antwerpen in Belgien reagierten auf die Proteste in Bochum mit Solidaritätsaktionen. Auch die Beschäftigten in Ellesmere Port und Luton (Großbritannien) sowie in Zaragoza (Spanien), Azambuja (Portugal) und in Gleiwitz (Polen) können bei Protesten gegen diesen Kahlschlag einbezogen werden.
Denn der entschlossene Widerstand der KollegInnen in Bochum darf nicht alleine bleiben. Schon dieser Widerstand wurde von unten ? ohne Aufruf der IG Metall und gegen den Willen des Gesamtbetriebsrat durchgesetzt. Die Betriebsratsspitze versuchte noch, die Belegschaft von spontanen Protesten abzubringen.
Leider folgen die Gewerkschaftsführungen der Logik der Unternehmer: Sie stimmen in der kapitalistischen Krise Kürzungen und Zugeständnissen zu. Mit ihren Spitzengehältern haben sie es sich in diesem kapitalistischen System bequem gemacht. Sie akzeptieren die Logik des Wettbewerbs und des Verzichts.

Wir benötigen eine grundlegend andere Strategie:

– Streik bis die GM-Pläne vom Tisch sind.

– Regelmäßige Versammlungen aller KollegInnen, Wahl von Streik- und Aktionskomitees auf allen Ebenen (gruppen-, abteilungs- und werksweit sowie werksübergreifend), um den Widerstand von unten zu leiten und zu kontrollieren und um möglichst viel KollegInnen in den Kampf aktiv einzubeziehen.  Auf die Betriebsratsmehrheit und die Gewerkschaftsspitzen ist kein Verlass. Entschlossener Widerstand muss in den eigenen Händen bleiben.

– Stadtweite Streik- und Aktionstage: Die ganze Region ist betroffen ? alle können einbezogen werden.

– Vernetzung des Widerstands durch eine europaweite Konferenz von Delegierten der Beschäftigten aus allen Werken. Diese Konferenz kann ein Aktionsprogramm aufstellen, für das gemeinsam gekämpft wird. Aufnahme von Kontakten zu anderen Werken durch Delegationen der Streik- und Aktionskomitees oder der Versammlungen der KollegInnen.

– Nötig ist die Unterstützung der kritischen und kämpferischen GewerkschaftskollegInnen: Gemeinsam kann so viel Druck gemacht werden, dass auch Peters und Huber gezwungen werden, den Kampf zu unterstützten, zum Beispiel mit einem Aufruf zu einem eintägigen Streik in allen Autowerken Europas als Warnung an die Unternehmer und ein klares Zeichen, dass die AutomobilarbeiterInnen gegen alle Versuchen der Spaltung und der ?teile und herrsche?-Taktik der Konzerne Widerstand leisten.

– In allen Werken, die von Entlassungen bedroht sind, sind Betriebsbesetzungen nötig: es muss verhindert werden, dass solche Pläne realisiert werden.

– Statt Co-Management und Verzicht: Internationale gemeinsame Gegenwehr, für kämpferische und demokratische Gewerkschaften.

Kapitalismus funktioniert nicht

Hintergrund der Angriffe bei GM sind laut bürgerlichen Medien Management-Fehler. Keine Frage: Das Management von GM wird von seinen Konkurrenten abgehängt und es tat alles, um Profite zu steigern und sich selbst zu bereichern. Doch diese Krise ist nicht einfach eine GM-Misere. Sie ist Ausdruck des Kapitalismus im Niedergang.
Trotz enormer technischer Möglichkeiten der Produktion wird den Beschäftigten in den meisten Ländern erzählt, sie müssten im besten Fall länger arbeiten für weniger Geld und später in Ruhestand gehen.
Produktion bedeutet im Kapitalismus Produktion für Profite durch den Markt. Ob Güter oder Dienstleistungen gebraucht werden oder nicht spielt keine Rolle. Entscheidend ist der Gewinn. Auch wenn schon riesige Überkapazitäten an Autos vorhanden sind, werden noch neue Werke aufgebaut, nur um die Konkurrenz zu übertrumpfen. Nun, bei stagnierenden Märkten, kommt es zu Schließungen und Kahlschlag.
Riesige Überkapazitäten bei GM ? intern wird dort von 350.000 Autos geredet, die pro Jahr mehr produziert werden könnten ? sind nur Teil der allgemeinen Überkapazitäten der Autoindustrie insgesamt: Die Kapazitätsauslastung liegt weltweit nur bei etwa 75 Prozent. Und das obwohl schon massiv Produktionsmöglichkeiten vernichtet wurden.
DaimlerChrysler setzte nun in Deutschland Kürzungen in Höhe von 500 Millionen Euro durch, VW will die Personalkosten um 30 Prozent senken, in Coventry drohen mehr als 2.000 Beschäftigten bei Jaguar (Ford) Massenentlassungen, von denen weitere 10.000 Jobs in den Midlands abhängen. Ganze Städte und Regionen hängen davon ab: In Trollhättan sind 6.000 Jobs direkt, 25.000 weitere indirekt beim größter Arbeitgeber GM / Saab bedroht. In Bochum, einer Stadt mit jetzt schon 13,6 Prozent Arbeitslosigkeit, hängt eine Region nach dem Niedergang der Kohleindustrie von GM / Opel ab.
Der Widerstand dagegen findet überall statt. Allein bei DaimlerChrysler streikten 60.000 in Deutschland an einem Tag. Doch diese Proteste müssen zusammengebracht werden, um Erfolg zu haben.
Und ein Erfolg ist möglich: Durch die Ausweitung des Arbeitskampfes von Bochum aus auf andere Werke, durch gemeinsame Streiks und die Solidarität der KollegInnen in anderen Branchen kann der wirtschaftliche und politische Druck so gesteigert werden, dass die Pläne von GM vom Tisch kommen. Durch massive Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich auf Kosten der Profite der Konzerne können Arbeitsplätze verteidigt und neue geschaffen werden. Alles andere ? ob Lohnverzicht oder gar Arbeitszeitverlängerungen ? vernichtet Arbeitsplätze. Da helfen auch keinerlei ?Standortsicherungs?-Zusagen oder ?Arbeitsplatzgarantien? weiter ? davon gab es bei Opel / GM schon mehr als genug, ohne dass sie die jetzige Situation irgendwie verhindert hätten.
Solange die Produktion allerdings dem Profit und der Konkurrenz unterworfen ist, werden solche Angriffe immer wieder gestartet werden. Deshalb kämpfen wir dafür, die kapitalistischen Mechanismen der Profitproduktion zu beseitigen und durch eine sozialistische Demokratie zu ersetzen. Die gigantischen Ressourcen der Großkonzerne können und müssen im Interesse von Mensch und Umwelt genutzt werden, um weltweit den Bedarf an Verkehrsmitteln und anderen Produkten zu befriedigen und um so demokratisch geplant eine sinnvolle Produktion zu ermöglichen.

Das Komitee für eine Arbeiterinternationale (CWI ? Committee for a Workers International) setzt sich für die internationale Einheit der ArbeiterInnen ein und organisiert grenzüberschreitende Gegenwehr und Solidarität. Unser Ziel ist die weltweite Abschaffung des kapitalistischen Profitsystems und der Aufbau einer Föderation sozialistischer Demokratien. Das CWI hat Parteien und Gruppen in über 30 Ländern auf allen Kontinenten. Unsere Gruppen zum Beispiel in Schweden, Belgien, Großbritannien und Deutschland setzten alles daran, den Kampf bei GM international zu vernetzen und die Angriffe zurück zu schlagen. Die deutsche Sektion des CWI ist die SAV – Sozialistische Alternative.

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