Bundesagentur für Arbeit wird rabiat

Das die Umsetzung von Hartz IV nicht so einfach von statten geht, wie gedacht, steht mittlerweile fest. Mit rabiaten Methoden machen Sozialämter und Arbeitsagenturen jetzt Druck.
 
Bisher sind bundesweit weniger als 50% der Anträge auf ALG-II bei den Ämtern eingegangen, langsan bricht Panik aus. So setzen die Ämter mittlerweile auf unrechtmäßige Mittel, um an die Anträge zu kommen.
Die Arbeitsagentur SÜD in Berlin zum Beispiel verschickte Einladungen zur Abgabe der Anträge unter Berufung auf das III. Sozialgesetzbuch, d.h. wer nicht abgibt, bekommt eine Sperre von mindestens 2 Wochen. Diese Vorgehensweise wird aber nicht nur in Berlin angewendet, solche Fälle sind mittlerweile im aus dem gesamten Bundesgebiet bekannt geworden.
Inzwischen bezeichnet die BA für Arbeit diese Vorgehensweise selbst als ungesetzlich. So Ilona Mirtschin, Sprecherin der BA in Nürnberg: “Paragraph 309 des III. Sozialgesetzbuches dürfe nur auf fünf Fälle angewendet werden: zum Zwecke der Berufsberatung, Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit, Vorbereitung aktiver Arbeitsförderleistungen, Vorbereitung von Entscheidungen im Leistungsverfahren und der Prüfung des Vorliegens der Vorraussetzungen für den Leistungsanspruch.” Soll man also den Antrag nach Aufforderung der BA abgeben, so ist das nicht legal.
Mit dieser Methode will die Agentur für Arbeit den Druck auf die Betroffenen erhöhen und einschüchtern. Die von den Agenturen, oft sehr kurzfristig, vergebenen Termine führen oftmals dazu, dass Betroffene die Anträge überhastet abgeben und auf Beratung verzichten. Spätere Kürzungen oder gar Streichungen sind nicht ausgeschlossen, da viele Betroffene in der Hast nicht genau wissen, was sie eintragen sollen und es so vermehrt zu Fehlern kommen kann.

Repression gegen aktive Erwerbslose

In Oberhausen trieb es die örtliche Arbeitsagentur auf die, bisherige, Spitze. Dort verteilten zwei Erwerbslose einen Aufruf zur örtlichen Montagsdemo und wurden dabei vom Behördengrundstück verwiesen. Eine Woche später erhielten die zwei Betroffenen ein Schreiben, in dem ihnen mitgeteilt wurde, dass beiden ein einjähriges Hausverbot für sämtliche Grundstücke der BA auferlegt worden sei.
Das Ziel dieser Aktion seitens der BA ist eindeutig: Einschüchterung und Bestrafung von Aktivisten, die sich gegen das Unrecht zur Wehr setzen. Der Geschäftsführer der BA Obersdorf sieht in dem Hausverbot sogar noch positive Aspekte. So meinte Geschäftsführer Schwering: “Telefonisch würden Termine vereinbart, zu denen die “Störenfriede” die Agentur betreten dürften. Im Gegensatz zu der Warterei , der unsere anderen Kunden ausgesetzt sind, ist das eine Deluxe-Dienstleistung”.

von Christian Reichow, Berlin

Quelle: junge Welt vom 12. und 14. Oktober 2004