Montagsdemonstrationen in Rostock und Leipzig

Trotz str?menden Regens haben am 16. August ?ber 5000 Menschen in Rostock gegen Hartz IV demonstriert. In Leipzig gingen rund 25.000 Menschen auf die Stra?e
 
Rostock

Eine halbe Stunde vor Beginn der Auftaktkundgebung begann es zu regnen. Als der Demozug loslief, goss es aus allen Kübeln! Aber es ist bezeichnend für die Ernsthaftigkeit der Bewegung, dass die Leute nicht in Scharen flüchteten, sondern mit besonders lauten Sprechchören ihrem Unmut Luft machten. Mit dem Spruch ?Jetzt erst recht? wurde nicht nur Petrus getrotzt, sondern auch der Bundesregierung, die mit ihren kleinen Zugeständnissen die Bewegung zu ersticken versucht. Der großen Mehrheit der Leute ist klar, dass Hartz 4 dass eigentliche Problem ist und weg muss.

Die Kundgebung wurde von PDS und Gewerkschaftsführung dominiert. Beide haben Interesse daran, dass die Bewegung in ?geordneten? Bahnen verläuft und nicht zu radikal wird. In den Reden wurden die Auswirkungen von Hartz kritisiert, aber der Eindruck erweckt, als ob Demonstrationen ausreichen würden, um die Sache zu kippen. Gegenüber der SAV setzen beide alles daran, uns auszuschalten. So sollte uns verweigert werden eine Rede zu halten. Das haben wir uns natürlich nicht bieten lassen.

Die Rede unsere Bürgerschaftsabgeordneten Christine Lehnert wurde mit viel Applaus bedacht. Unsere Forderung nach Arbeitsniederlegungen bis hin zu einem eintägigen Generalstreik wurde positiv aufgenommen. Unsere radikale Kritik am Kapitalismus und unser Eintreten für eine sozialistische Demokratie sprach vielen aus dem Herzen. Unsere 2000 Flyer wurden wir ohne große Mühe los.

Wenn das Wetter mitspielt, werden wir nächste Woche noch mal eine deutliche Ausweitung der Proteste in Rostock sehen. Die Gunst der Stunde muss genutzt werden die Bewegung nicht nur zahlenmäßig, sondern auch von ihrer Wirkungskraft her weiter aufzubauen. Konkrete Schritte hin zu betrieblichen Aktionen werden jetzt folgen müssen.

von Torsten Sting, Rostock

Leipzig

Am 16. August gingen in Leipzig erneut Tausende gegen Hartz IV und Sozialkahlschlag auf die Straße. Selbst BILD schätzt die Teilnehmerzahl auf über 25.000! Damit hat sich die Beteiligung in einer Woche mehr als verdoppelt.

Die Demo war geprägt von einer enorm radikalisierten Stimmung gegen Hartz IV und die sogenannten ?Reformen?. Es herrschte Einigkeit, dass die kosmetischen ?Korrekturen? der Regierung kein Grund seien, sich zufrieden zu geben. Im Gegenteil: Weiterhin war die Parole ?Weg mit Hartz IV und Agenda 2010!? In einem Redebeitrag meinte ein Sprecher, dass gerade durch die Proteste diese Zugeständnisse erreicht wurden. Nun müssten wir weiter demonstrieren, um das ganze ?Reform?-Paket zu kippen.

Die riesige Wut, die sich besonders in Ostdeutschland über Jahre hinweg angestaut hat, führt auch zu einer großen Offenheit gegenüber sozialistischen Ideen. Viele stimmten in Diskussionen mit uns überein, dass Streiks notwendig seien, um den Sozialkahlschlag zu stoppen und dass eine grundlegende Alternative zur kapitalistischen Gesellschaft nötig ist.

Mit Hilfe aus Berlin und Kassel beteiligten sich 12 SAV-Mitglieder an der Demo. Durch zwei Infotische und aktive Zeitungsverkäufe fielen wir sehr gut auf und bekamen eine hervorragende Resonanz auf unsere Ideen und Vorschläge. Wir verkauften über 300 Extrablätter der ?Solidarität? und lernten viele Leute kennen, die weiteres Interesse an der SAV haben.

An der eher ruhigen Demo beteiligten sich außer uns auch Mitglieder von PDS, Gewerkschaften und der ?neuen Linkspartei? WASG. Vereinzelt mischten sich am Rande Nazis unter die DemonstrantInnen. Sie trauten sich aber nicht, offen aufzutreten.

Um Hartz IV jedoch wirklich zu stoppen, ist es nötig, die Proteste von Beschäftigten und Erwerbslosen zusammenzuführen und lokale und bundesweite Protest- und Streiktage durchzusetzen.

von Christoph Wälz (Leipzig) und Immo Schott (Kassel)