Ein sozialistisches Pogramm gegen die Ausbildungskatastrophe
Nicht einmal mehr die Politiker können es leugnen – Banken und Konzerne weigern sich, Jugendliche auszubilden. Noch im Juli 2003 – einen Monat vor Ausbildungsbeginn – suchten 231.000 Jugendliche nach einer Lehrstelle. Dem standen nur 83.500 offene Lehrstellen gegenüber. Doch wie können Lehrstellen geschaffen werden?
Zu aufwendig, zu teuer und die Jugendlichen zu blöd – so schallt es aus dem Unternehmerlager um zu erklären, warum sie keine Ausbildungsplätze schaffen.
Der Wunschtraum der Unternehmer, wenn es um Ausbildung geht: das soll mal bitte schön der Staat finanzieren (natürlich durch Steuern und Abgaben der Beschäftigten). Auch in Großbetrieben wird Ausbildung immer mehr zur Ausbeutung, wenn nicht Betriebsrat und Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) den Riegel davor schieben.
Kein Wunder: in einem Wirtschaftssystem, wo es nur um Konkurrenz und Profit geht, ist auch die Ausbildung Jugendlicher dem Profitzwang unterstellt. Nur dann, wenn Unternehmer auch qualifizierte Fachkräfte brauchen und nur dann, wenn sie Profit aus den Auszubildenden (und sei es auch erst nach der Ausbildung) schinden können, werden sie Lehrstellen schaffen. In wirtschaftlichen Krisenzeiten – wie in der jetzigen – werden weniger Fachkräfte gebraucht und damit weniger ausgebildet. Schenken werden uns Konzerne und Banken also nichts – keine Ausbildungsstellen und auch keine vernünftige Vergütung.
– Ausbildung für alle
Ausbildung für alle muss genauso geschaffen werden wie kostenlose und gute Bildung für alle. Bei der Ausbildung muss es um die Bedürfnisse der Jugendlichen und nicht um die (Profit-) Bedürfnisse der Wirtschaftsbosse gehen. Jeder und jede muss sich einen Ausbildungsplatz frei wählen können – ganz nach den entsprechenden Fähigkeiten. Um dies zu gewährleisten, muss jedes Unternehmen (auch öffentliche) ausgehend von den Beschäftigtenzahlen zehn Prozent Azubis einstellen.
Damit ist nicht nur sichergestellt, dass alle Schulabgänger einen Ausbildungsplatz ihrer Wahl bekommen, sondern auch, dass in jedem Jahr genügend Fachkräfte ausgebildet werden, um die Beschäftigten zu ersetzen die in Rente gehen. Wir fordern, dass Banken und Konzerne, die dies nicht tun, 20.000 Euro pro nicht eingestellten Azubi zahlen müssen. Diese Ausbildungsabgabe deckt alle jährlichen Kosten der Ausbildung und erhebt eine gewisse Strafgebühr. Dieses Geld wird dann dafür genutzt, Jugendlichen die keinen Ausbildungsplatz bekommen haben, einen qualitativ guten Ausbildungsplatz im öffentlichen Dienst nach ihrer Wahl anzubieten und diesen zu finanzieren.
– Vergütung
Nicht nur die Ausbildungsbedingungen sind oft katastrophal, sondern auch die Vergütung. Die durchschnittliche tarifliche Vergütung eines/R Auszubildenden betrug 2002 in Westdeutschland gerade mal 598 Euro, in Ostdeutschland sogar nur 509 Euro. Davon kann kein Mensch leben! Doch Auszubildende müssen in der Lage sein, sich ein eigenes Leben finanzieren zu können. Deshalb ist ein Mindestlohn für sie notwendig. Damit Azubis leben können brauchen sie mindestens 800 Euro netto.
– Übernahme für jedeN
Nach der Ausbildung muss es für jeden und jede einen unbefristete Übernahme im erlernten Beruf geben. Der Kampf um unbefristete Übernahme muss gemeinsam geführt werden mit dem Kampf um Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Neu ausgebildete Kräfte können dazu dienen, die Arbeitshetze und die Arbeitszeit für alle im Betrieb zu senken.
Anders als es uns bei der heutigen hohen Arbeitslosenquote vorkommt, gibt es auch keinen Mangel an Arbeit. Zu tun gäbe es genug: Sozialwohnungen oder Stadtteilzentren müssten gebaut, für die Umwelt so einiges getan und auch der öffentliche Nahverkehr müsste ausgebaut werden. Das passiert heute nicht, weil es den Bossen keinen Profit bringt. Ein öffentliches Investitionspogramm in den Bereichen Umwelt, Wohnungsbau, Verkehr und Soziales – finanziert aus den Gewinnen der Konzerne und Banken – würde neue Arbeitsplätze und neue Ausbildungsplätze nötig machen.
– Ausbildung raus aus Unternehmerhand
Ausbildung darf nicht zum Zweck haben, neue Arbeitskräfte für die kapitalistische Wirtschaft und die Profitmacherei zu produzieren, sondern Jugendliche an die Produktion heranzuführen, und sie ihre Neigungen und Fähigkeiten erkennen zu lassen. Weil aber für die Konzernbosse nur der Profit zählt, muss Ausbildung raus aus Unternehmerhand.
Betriebsräte, Jugend- und Auszubildendenvertretungen, Gewerkschaften und AusbilderInnen müssen in den Betrieben die Ausbildung durchführen und kontrollieren. Dies muss vollkommen unabhängig von den Chefetagen stattfinden. Durch die demokratische Kontrolle der Ausbildung – durch Beschäftigte und Auszubildende selbst – kann auch sichergestellt werden, dass keinE AuszubildendeR mehr als billige Arbeitskraft benutzt wird.
Heute haben Auszubildende nur sehr eingeschränkt Mitspracherecht in den Betrieben, selbst über ihre Ausbildung können sie kaum selbst entscheiden. Betriebsrat und JAV müssen sich voll und frei in den Betrieben. Lehrwerkstätten und Berufsschulen betätigen können.
Kapitalismus abschaffen
Solange jedoch Banken und Konzerne in ihrem Profitsinne diktieren, wo Arbeits- und Ausbildungsplätze geschaffen werden, solange wird auch unsere Ausbildung, unsere Bildung und unsere Arbeit nach Profitmacherei ausgerichtet sein. Wenn wir jedem und jeder gute und kostenlose Bildung und einen gute Ausbildung nach Wahl – unabhängig von Profitinteressen – bieten wollen, dann müssen wir auch das kapitalistische Wirtschaftssystem überwinden und durch eine geplante und demokratisch kontrollierte Wirtschaft ersetzen.
Wir fordern:
– für jeden und jede einen qualifizierten Ausbildungsplatz nach Wahl
– Azubis sind keine Hilfskräfte – kein Azubi darf mit ausbildungsfremden Tätigkeiten beschäftigt werden
– für einen Mindestlohn für jeden Azubi von 800 Euro netto
– volle und freie politische Betätigung in Betrieb, Lehrwerkstätten und Schule von Gewerkschaften, Betriebs- und PersonalrätInnen und Jugend- und AuszubildendenvertreterInnen
– garantierte und unbefristete Übernahme im erlernten Beruf
– Finanzierung der Ausbildung durch die Unternehmen – jedes Unternehmen muss eine Ausbildungsquote von zehn Prozent erfüllen (gemessen an der Beschäftigtenzahl) und alle Kosten für die Ausbildung tragen – erfüllen Unternehmen die Ausbildungsquote nicht, müssen sie eine Ausbildungsabgabe von 20.000 Euro pro nicht eingestellten Azubi für zusätzliche Ausbildungsstellen im öffentlichen Dienst zahlen
– Ausbildung raus aus Unternehmerhand – demokratische Kontrolle der Ausbildung durch Betriebs- und Personalräte, Jugend- und Auszubildendenvertretungen, Gewerkschaften und AusbilderInnen