Blockade der Gewerkschaftsführung überwinden!

Gewerkschaften vor der Wahl: entweder mit der SPD untergehen oder eine mächtige Bewegung gegen die Regierung anführen

von Ursel Beck, Stuttgart
 
Wenn es nach Sommer, Zwickel und Bsirske geht, ist die Entscheidung schon gefallen. Sie haben die Riester-Pläne akzeptiert und die Hartz-Pläne nicht nur widerstandslos hingenommen, sondern sogar mit umgesetzt.
Anstatt Leiharbeit und Niedriglöhne zu bekämpfen, haben sie mit Leihfirmen Tarifverträge mit Hungerlöhnen ausgehandelt. Sie sind nicht grundsätzlich gegen die Agenda 2010. Sie wollen ihr nur ein paar Giftzähne ziehen. Aber selbst dafür gibt es keine Kampfstrategie. Denn schließlich hat Schröder erklärt, dass es nichts zu verhandeln gibt und die Sache auch gegen die Gewerkschaften durchgezogen wird. DGB-Vorsitzender Sommer versprach der SPD-Bundestagsfraktion laut Frankfurter Allgemeiner Sonntagszeitung vom 13. April, „dass der Gewerkschaftsbund zwar fürs Schaufenster Kritik an der Reformpolitik Schröders üben, es aber letztend-lich nicht zu einem ‚heißen Frühling‘ kommen lassen wird.“ Zwickel erklärte, dass keine politischen Streiks organisiert würden. Damit sagt er, dass die Gewerkschaften die Agenda 2010, Hartz und Rürup nicht verhindern werden. Denn eins ist klar: mit Demonstrationen sind diese Angriffe nicht abzuwehren.
Aber selbst Demos dienen der Gewerkschaftsspitze nicht zur Mobilisierung, sondern der Demobilisierung, wie die bundesweite ver.di-Demo am 17. Mai zeigte. Der Grund dafür ist, dass jede Mobilisierung die Gefahr einer Radikalisierung und Dynamik in sich birgt und weitergehende Kampfschritte eingefordert werden. Und das will die Gewerkschaftsspitze vermeiden.
Auf Dauer kann die Blockadehaltung der Gewerkschaftsbürokratie aber nicht funktionieren. Unter der Oberfläche hat sich in den Betrieben eine explosive Stimmung aufgebaut. Die Beschäftigten haben die Schnauze voll. Die tagtäglichen neuen Ankündigungen von Arbeitsplatzvernichtung, Steuererhöhungen drohen das Fass zum Überlaufen zu bringen.
Generalstreiks in Frankreich und eine Massenbewegung mit politischen Streiks in Österreich machen politische Streiks zur Selbstverständlichkeit. Die Stimmung, dass wir uns auch hierzulande endlich richtig zur Wehr setzen müssen, wird sich früher oder später Bahn brechen.
Bereits am 29. April legten in Schweinfurter Metallbetrieben 4.000 KollegInnen aus mehreren Betrieben für mehrere Stunden die Arbeit gegen Schröders Agenda 2010 nieder und marschierten gemeinsam durch die Innenstadt. Auf einem Transparent wurde Generalstreik gefordert. Wenn die Gewerkschaftsführung keine Bewegung aufbaut und nicht ernsthaft kämpft, kann sich der Unmut durch „wilde Streiks“ Bahn brechen. Ähnlich wie bei den Septemberstreiks 1969 könnte ein Streik in einem Betrieb eine ganze Streikwelle in Gang setzen.
Die AktivistInnen in den Betrieben und die Gewerkschaftslinke müssen alles tun, um die Blockade der Gewerkschaftsspitzen aufzubrechen.