Jugendkonferenz der IG Metall lehnt „differenzierte Tarifpolitik“ ab und fordert Einstellung deutscher Kriegsunterstützung
von Daniel Behruzi
Eine deutliche Abfuhr erteilte die Bundesjugendkonferenz der IG Metall, die vom 30. März bis zum 2.April in Sprockhövel bei Wuppertal tagte, Vorschlägen für eine „differenzierte Lohnpolitik“. Hinter dieser von Berthold Huber, dem Vorsitzenden der baden-württembergischen IG Metall, angestoßenen Debatte, verbirgt sich die Idee zweistufiger Tarifverhandlungen: Ein als Flächentarif ausgehandelter Mindestlohn und eine betriebliche, ertragsabhängige Komponente.
Gegen diese Differenzierung der Tarife liefen die in Sprockhövel versammelten Gewerkschaftsjugendlichen größtenteils Sturm. Ein Antrag, der die Möglichkeit einer solchen Regelung in Betracht zog, wurde von den Delegierten mit großer Mehrheit abgelehnt. „So etwas würde lediglich dazu führen, dass die starken, gut organisierten Betriebe nur noch für sich selbst kämpfen und die Schwachen alleine stehen“, kritisierte Mario Schnitgerhans aus Herford. Eine solche „Verbetrieblichung der Tarifpolitik“ würde dazu führen, dass die Beschäftigten kleinerer Betriebe und die Kollegen in Ostdeutschland von der Tarifentwicklung abgekoppelt würden. „Wir dürfen unsere ostdeutschen Kollegen nicht alleine lassen“, appellierte deshalb Jennifer Schmidt von der IG-Metall-Jugend Trier.
Eingebracht worden war der Antrag von Delegierten aus dem Bezirk Baden-Württemberg. Sie berichteten, dass der letztjährige Tarifabschluß in den kampfstarken Großbetrieben zu einer Austrittswelle aus der IG Metall geführt hat. Anstatt aber nun den miesen Abschluß zu kritisieren und zu erklären, dass mit der nicht nur im Südwesten gezeigten Kampfkraft sehr viel mehr drin gewesen wäre, betreiben diese Jungfunktionäre eine Spaltung zwischen gut und schlecht organisierten Belegschaften. Damit wird das grundlegende Prinzip einer Gewerkschaft, die Solidarität, über den Haufen geworfen. Dass es unter Gewerkschaftsfunktionären überhaupt zu ernsthaften Diskussionen über solche Positionen kommt, zeigt wie weit die Arbeiterbewegung ideologisch zurückgeworfen worden ist. Beim Gewerkschaftstag der IG Metall im Oktober könnte dieses Thema wiederum eine Rolle spielen.
Verhältnis zu SPD und Grünen
Kontrovers diskutiert wurde auch das Verhältnis zu den Regierungsparteien SPD und Grüne. Zwar kritisierte der Vorsitzende der IG Metall, Klaus Zwickel, in seiner Konferenzrede die geplanten Sozialkürzungen der Bundesregierung: die Absenkung der Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau, die Verschlechterungen beim Kündigungsschutz und die Privatisierung des Krankengeldes, sowie erhöhte Zuzahlungen bei der Gesundheitsversorgung. Dennoch will der Gewerkschaftschef „keinen totalen Konfrontationskurs“ zur SPD-Grünen-Koalition einschlagen, da dieser in „die Isolation“ führen werde. Schließlich gebe es „keine Option für eine andere Mehrheit, die unseren reformpolitischen Vorstellung näher kommt, als die jetzige Regierung“, so Zwickel.
Auf heftige Kritik stieß er mit dieser Aussage bei den anwesenden Gewerkschaftsjugendlichen. „Wir brauchen keine schwammigen Aussagen mehr, sondern müssen raus auf die Straße, uns zwar gegen diese Regierung“, schimpfte Andreas Neulist aus Frankfurt a.M. „Statt Kofferträger der Politiker, egal welcher Farbe, zu sein, müssen wir uns auf unsere eigene Stärke besinnen“, rief ein anderer Delegierter. Schließlich sei die SPD längst keine Arbeiterpartei mehr, meinte der Hannoveraner Tim Hindersmann.
Die Arbeiterklasse hat tatsächlich keine Partei, die für ihre Interessen eintritt. Die Schlussfolgerung daraus muss sein, dass die Gewerkschaften, die Interessenorganisation der abhängig Beschäftigten, mit der ehemaligen Arbeiterpartei SPD brechen. Aus den Gewerkschaften und sozialen Protestbewegung heraus kann der Aufbau einer neuen, sozialistischen Arbeiterpartei angegangen werden.
Auch der Krieg gegen den Irak war Thema auf der Konferenz. In einem von den Delegierten beschlossenen Initiativantrag wird die IG Metall aufgefordert, für die sofortige Einstellung jeglicher Kriegsunterstützung durch die Bundesregierung einzutreten. Zwickel sagte dazu, die Gewerkschaftsspitze habe sich mit dieser, in der Antikriegsbewegung breit diskutierten Forderung „bislang nicht beschäftigt“.