Im Wahlkampf versuchte Rot-Grün noch so zu tun, als ob sie die Errungenschaften im Gesundheits- und Rentenwesen gegen die Kahlschlagpolitik von Stoiber verteidigen würden. Jetzt erklärt Ulla Schmidt, dass die Positionen der rot-grünen Regierung mit denen der Opposition weitgehend übereinstimmen. Und damit die Unternehmer noch leichter entlassen können, will Clement den Kündigungsschutz wieder lockern.
Die Wut über die arbeitnehmerfeindliche Politik von SPD und Grünen muss in Widerstand verwandelt werden.
von Stephan Kimmerle, StuttgartMit der Behauptung etwas gegen die Massenarbeitslosigkeit tun zu wollen, soll jetzt der Kündigungsschutz aufgeweicht werden. Eine Regelung, der Kohl-Regierung soll recycelt werden: Betriebe mit fünf bis zehn Beschäftigten könnten dann – nach Vorschlag von Schröder mit einer gewissen Abfindung – Beschäftigte ohne Kündigungsschutz entlassen.
Das bringt Arbeitslosen nichts – im Gegenteil: Die Regelung der Kohl-Regierung führte Mitte der 90er dazu, dass es nach einem Jahr nicht mehr sondern weniger Beschäftigte gab. Schon die Hartz-Vorschläge hatten zur Folge, dass Unternehmer von Kündigungszeiten und -fristen entbunden werden. Heuern und Feuern – zurück zum Frühkapitalismus.
Politik im Interesse der Banken und Konzerne betreibt die rot-grüne Regierung auch mit ihren anderen „Reform“-Vorhaben: Der Ladenschluss wird aufgeweicht, Beschäftigte im Einzelhandel sollen länger arbeiten. Im Gesundheitsbereich werden immer neue Angriffe vorgetragen, um sie am nächsten Tag halb zu dementieren und die nächsten Angriffe vom Stapel zu lassen. Wenn keiner mehr durchblickt, kann am besten zugeschlagen werden.
Perfektioniert wird diese Methode von der Rürup-Kommission. Die 26 „Experten“ tagten noch gar nicht, da starteten schon die Horror-Vorschläge: Von der Eigenbeteiligung bis zu 900 Euro bei Krankheit über das Ende der paritätischen Gesundheitsversicherung generell bis zur Erhöhung des Rentenalters auf wahlweise 67, 68 oder 70 Jahre – für jeden Angriff ein Experte.
Gewerkschaften raus aus der Rürup-Kommission
Das schlimmste daran ist nicht, dass die Experten der Banken und Konzerne ihre Horrorvorschläge auspacken. Das schlimmste ist, dass die Gewerkschafts-Spitzen dabei mitmachen. Damit bereiten sie die Angriffe auf die Beschäftigten mit vor, statt dagegen zu mobilisieren.
Letztendlich geht es bei den Auseinandersetzungen um die soziale Sicherung immer darum, ob die Beschäftigten dafür zahlen müssen oder die Reichen und Superreichen.
Die Banken und Konzerne geben nichts freiwillig her, daran sollten die Gewerkschaftsspitzen sich ein Beispiel nehmen. Die Unternehmer versuchen die Krise der kapitalistischen Wirtschaft auf dem Rücken der Beschäftigten, Arbeitslosen, RentnerInnen und Jugendlichen auszutragen.
Dagegen hilft nur die Mobilisierung der Beschäftigten. Notwendig wäre eine bundesweite Demonstration der Gewerkschaften gegen die Umsetzung der Hartz-Pläne, gegen die Angriffe im Gesundheitswesen, auf den Ladenschluss und jetzt den Kündigungsschutz. Solch eine Mobilisierung könnte die ganzen vereinzelten Kämpfe gegen den Sozialkahlschlag zusammenfassen und die Gewerkschaften in die Offensive bringen. Davon ausgehend wäre die Vorbereitung eines eintägigen Generalstreiks möglich.
Neue Arbeiterpartei aufbauen
Statt zu kungeln, könnte so die gewerkschaftliche Kampfkraft genutzt werden. Statt Rot-Grün den Rücken frei zu halten, ist in den Gewerkschaften eine Diskussion über konkrete Kampfschritte nötig. Die Gewerkschaften müssen endlich mit Rot-Grün brechen und Schritte zum Aufbau einer neuen politischen Interessensvertretung für Beschäftigte ergreifen.
SPD und Bündnisgrüne sind arbeiterfeindliche Kriegsparteien und Diener von Deutscher Bank und DaimlerChrysler. Die Länder-Regierungspartei PDS hat sich mit ihrer Politik im Berliner Senat an die Spitze der Gewerkschaftsfeindlichkeit gesetzt und bricht den Flächentarif auf.
Es ist höchste Zeit eine Alternative aufzubauen: eine neue Arbeiterpartei. GewerkschafterInnen, SozialistInnen, AktivistInnen der Bewegung gegen kapitalistische Globalisierung und Krieg, AntifaschistInnen, UmweltschützerInnen und Frauenrechtlerinnen sollten in einer breiten, demokratisch strukturierten Partei zusammen kommen, die konsequent die Interessen der arbeitenden Bevölkerung vertritt. Die SAV setzt sich für den Aufbau einer solchen Partei ein.