Wie ist es möglich, dass nach unzähligen Verbrechen des Kolonialismus und der Nazis, die zum großen Teil mit rassistischen Argumenten gerechtfertigt wurden, rassistische Denkweisen immer noch Unterstützung finden? Woher kommt die Einteilung der Menschen in verschiedene „Rassen“?
Im 15. Jahrhundert begannen europäische Seeleute, die Weltmeere zu befahren und nach neuen Handelswegen zu suchen. Dabei kamen sie in Kontakt mit dunkelhäutigen Menschen, die sie bis dahin nur vom Hörensagen kannten. Millionen von Schwarzen wurden von den Entdeckern und Eroberern versklavt. Die Rechtfertigung der Sklaverei machte keine Probleme. In der Feudalgesellschaft hatte jeder Mensch seinen Platz, in den er oder sie hineingeboren wurde. Wenn das Kind einer Bäuerin von Geburt an zur Leibeigenschaft bestimmt war, warum dann nicht Schwarze ebenso zur Sklaverei?
Die Erfindung der ”Rassen”
Eine „Rassentheorie”, eine „wissenschaftliche” Einteilung der Menschen gab es im Feudalismus nicht. Die „gottgegebene” Ordnung war Rechtfertigung genug für die Ausplünderung und Versklavung anderer Völker. Aber die Feudalgesellschaft stieß immer mehr mit den Interessen des aufkommenden Kapitalismus zusammen. Kapitalisten gründeten Manufakturen und Fabriken, in denen eine große Zahl von Lohnabhängigen, von ProletarierInnen, arbeitete. Damit sich die kapitalistische Wirtschaft überhaupt entwickeln konnte. Musste die übrige Welt ausgeplündert werden. Die märchenhaften Reichtümer Indiens, das Gold der Inka, die riesigen Profite aus dem Sklavenhandel waren das Fundament, auf dem die Fabriken errichtet wurden. Die Baumwolle, auf der die Textilindustrie beruhte, wurde von schwarzen Sklaven gepflückt. Die Durchsetzung der kapitalistischen Produktionsweise und mit ihr die enorme Weiterentwicklung der Naturwissenschaften führten zum Entstehen des Rassismus als geschlossenes Weltbild. Es klingt seltsam, dass ausgerechnet das Zeitalter der Aufklärung, eine Epoche großen Fortschritts für die Menschheit, den systematischen Rassismus hervorgebracht hat. Doch in dieser Zeit wurden die Naturwissenschaften systematisiert. Elemente, Pflanzen, Tiere und der Mensch wurden erfasst, in Kategorien eingeteilt. Die Wissenschaft drückte die Interessen der Kapitalisten aus wie vorher die Kirche die der Feudalherren. Statt der Rechtfertigung durch Gottes Gnaden wurde die soziale Ungleichheit mit der „wissenschaftlichen Analyse” von den angeborenen Unterschieden begründet. Sowohl die Situation der arbeitenden Klasse als auch der Kolonialismus und Imperialismus gegenüber Asien, Afrika und Lateinamerika wurden damit gerechtfertigt.
Politischer Nutzen
Die Einteilungen in „Rassen” waren alle willkürlich. Die Einteilung der Menschen gemäss ihrer Hautfarbe ist genauso sinnvoll wie die gemäss ihrer Körpergröße oder Ohrform. Die Menschen, gleich welcher Herkunft, haben gleiche Fähigkeiten wie Sinneswahrnehmungen, Sprache Denkvermögen. Eine klare Abgrenzung verschiedener Gruppen ist unmöglich. Immer wieder in der Geschichte kam es zu Völkerwanderungen und Kriegszügen. Staaten und Völker entstanden als Überschichtungs- und Überlagerungsgesellschaften. Die Nutzung der „Rassenkunde” wurde durch die politischen und wirtschaftlichen Interessen bestimmt. Die Menschen in China und Japan, die jahrhundertelang als hell wie die Europäer gegolten hatten, wurden um 1800 immer häufiger für gelb erklärt – Ostasien war als Kolonialgebiet interessant geworden. Ein großer Teil der „Rassentheorien” wurde von aktiven Kolonialisten verfasst. Je nach politischer Konjunktur zerfielen auch „die Weißen” in verschiedene Rassen. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs passten deutsche Autoren die Rassen der Kriegskoalition an. Die mit dem Reich verbündeten Tschechen, Kroaten oder Polen wurden zu „lateinischen Slawen” dafür wurden die gegnerischen Russen zu Mongolen und die Engländer zu Kelten „umgerasst”.
Sozialdarwinismus
Die Evolutionstheorien Charles Darwins waren eine wichtige Weiterentwicklung der Naturwissenschaften. Darwin bewies die Entstehung und Veränderung der Arten, beschrieb die Naturgeschichte als Prozess und widerlegte damit die kirchliche Schöpfungsgeschichte. Seine ldeen wurden von den Theoretikern des Imperialismus zum Sozialdarwinismus verändert und benutzt, um Unterdrückung und Ausbeutung zu rechtfertigen. Darwins Ausspruch vom „survival of the fittest” (= Überleben der am besten an die Umweltverhältnisse Angepassten), mit dem er die Auswahlprozesse in der Natur beschrieb, wurde zum „Recht des Stärkeren” umgedeutet. Die Sozialdarwinisten behaupteten, es ginge um einen Kampf der „menschlichen Rassen” gegeneinander. So stellten sie den Kolonialismus der technisch überlegenen Europäer als „naturgegeben” dar.
Antisemitismus
Bis zum 1. Weltkrieg wurde die Welt zwischen den imperialistischen Mächten aufgeteilt. Der regierungsamtliche Rassismus konzentrierte sich auf die Begründung der „Minderwertigkeit der farbigen Rassen”. Doch schon ab 1750 entstanden die ersten Theorien vom Ariertum. Sie behaupteten, die nordischen, germanischen Völker seien höherstehende, „unvermischte Rassen”. Dieser Mythos von den Germanen als reine Nachkommen der Hochkulturen Indiens (Indogermanen) war blödsinnig, wurde aber weiterentwickelt. Erst vom Franzosen Gobineau, dann vom antisemitisch geprägten Kreis um Richard Wagner. Schließlich wurde der Wahn vom Ariertum mit der Lehre der Minderwertigkeit der Juden und der Schwarzen von Wagners Schwiegersohn Chamberlain (1855-1927) systematisiert. Dessen „Erkenntnisse” bildeten die Grundlage für Hitlers „Mein Kampf“.
Niedergang des Kapitalismus
Diese anfänglichen irren Randerscheinungen der Rassenlehre hatten in der Krisenepoche des Kapitalismus grausige Konsequenzen. Rassismus und Nationalismus wurden weiterhin von den Herrschenden eingesetzt. Doch es gab weniger zu verteilen in der Welt. Rassismus war weniger Rechtfertigung der kolonialen Ausbeutung, er wurde innerhalb der Länder zur Aufspaltung der Bevölkerung eingesetzt um Sündenböcke zu finden. Die Krise der zwanziger und dreißiger Jahre zerrieb die Mittelschichten der Gesellschaft zwischen den großen Konzernen und dem Proletariat. Bauern, Handwerker, Händler; Beamte und Angestellte wurden ruiniert, das Abrutschen in die verarmte Arbeiterschaft drohte. Auch das kleinbürgerliche Wertesystem ging kaputt, diese Schicht wurde in allen Bereichen überflüssig. Nach politischen Niederlagen der Arbeiterbewegung liefen Massen des Kleinbürgertums zu den vom Großkapital finanzierten Nazis über. Sie suchten ideologisch ihr Heil im Leugnen der Gegenwart: „Auf der Ebene der Politik ist Rassismus eine aufgeblasene Abart des Chauvinismus, gepaart mit Schädellehre. Wie herabgekommener Adel Trost findet in der alten Abkunft seines Blutes, so besäuft sich das Kleinbürgertum am Märchen von den besonderen Vorzügen seiner Rasse.” schrieb der russische Marxist Leo Trotzki 1933, „Der Faschismus entdeckt den Bodensatz der Gesellschaft für die Politik. Nicht nur in den Bauernhäusern, sondern auch in den Wolkenkratzern der Städte lebt neben dem zwanzigsten Jahrhundert heute noch das zehnte oder dreizehnte… Was für unerschöpfliche Vorräte an Finsternis, Unwissenheit, Wildheit! Die Verzweiflung hat sie auf die Beine gebracht, der Faschismus wies ihnen die Richtung… die kapitalistische Zivilisation erbricht die unverdaute Barbarei.”
Der bis zur grausigen Konsequenz getriebene Rassismus der deutschen Nazis war zusammen mit dem enormen Hunger der Konzerne nach billigen Arbeitskräften und Land die Grundlage für das am besten geplante und umfassendste Verbrechen der Menschheitsgeschichte, die Vernichtung von Millionen Menschen im Krieg und in den Konzentrationslagern. Nach dem Krieg gab es in Westeuropa, vor allem in der BRD, kein Bedürfnis nach „neuem Lebensraum” mehr, sondern Arbeitskräftemangel. Millionen Arbeiterlnnen von der Türkei bis Portugal wurden nach Deutschland geholt.
Der „neue” Rassismus
Mitte der Siebziger Jahre endete die Aufschwungsepoche nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Kapitalisten begannen, die Zahl der Lohnabhängigen ohne deutschen Pass abzubauen. Bis dahin waren die Wanderungsbewegungen vor allem durch das Bedürfnis des Kapitals bestimmt worden. In den letzten zwanzig Jahren hat der Kapitalismus in seinen Zentren keine große Nachfrage nach Arbeitskräften mehr. Dafür zerstört er an seinen Rändern in der „Dritten Welt” und jetzt auch in Osteuropa immer rücksichtsloser die alte Sozialstruktur, ohne etwas Neues an ihrer Stelle zu bauen. Damit zwingt er Menschen zur Auswanderung, die dann bei uns als „Wirtschaftsflüchtlinge” beschimpft werden. Um diese Menschen fernzuhalten und uns Eingeborene von der Krise abzulenken, wird der Rassismus wieder aufpoliert. Die brutale Variante, andere „Rassen” für minderwertig zu erklären oder ihnen das Menschsein abzusprechen, hat seit dem Holocaust keine breite Grundlage in der Gesellschaft. Doch solange es nicht darum geht, andere Länder zu unterwerfen, müssen die anderen „Rassen” nicht für minderwertig erklärt werden. Es reicht zu behaupten, sie seien halt anders und es sei nicht gut, wenn sich verschiedene Kulturen oder Rassen vermischen. Als Konsequenz verkünden sie: „Afrika den Afrikanern, die Türkei den Türken. Deutschland den Deutschen.” Auch der „aufgeklärte” Rassismus ist nichts als die Aufforderung zu blutigen Pogromen. Dieser „neue Rassismus” ist auch nicht neu. Begründet ist er genauso wenig. Die Kultur eines Menschen ist nichts Angeborenes. Auch innerhalb eines Volkes gibt es keine einheitliche Kultur. Die verschiedenen Klassen, Geschlechter oder Altersgruppen haben verschiedene Kulturen. Wer spricht dieselbe Sprache, hört dieselbe Musik, sieht die gleichen Fernsehsendungen und Filme, zieht sich genauso an wie seine Eltern? Auch ohne „Ausländerlnnen” hätten wir eine „multikulturelle Gesellschaft”. Wem das nicht passt, will im Endeffekt auch „deutschen” Jugendlichen und ArbeiterInnen vorschreiben, wie sie zu leben haben. Rassismus ist gegen alle Menschen gerichtet, egal ob sie einen deutschen Pass haben oder nicht.
Spaltung
Warum fallen trotzdem Menschen darauf herein? Der Kapitalismus gibt dem Rassismus ständig neue Nahrung. Er beruht auf dem Widerspruch, dass die Menschen auf dem Papier gleichberechtigt sind, aber es trotzdem Reiche und Arme, Mächtige und Machtlose gibt. Die bürgerliche Auffassung führt die gesellschaftlichen Unterschiede auf angeborene Intelligenz, Fleiß und andere Charaktereigenschaften zurück.
Um diese Vorurteile zu untermauern, wird bis heute großer „wissenschaftlicher” Aufwand getrieben. Der Genetiker Cyril Burt ist dafür von der englischen Königin sogar geadelt worden. Allzu fleißig war er aber nicht: die Zahlen, mit denen er seine Theorien bewies, hat er einfach erfunden. Eine Variante dieses Märchens von den angeborenen Unterschiede der Menschen sind eben die „angeborenen Rassenunterschiede”. Sie sind wunderbar geeignet, um die ArbeiterInnen zu spalten. Die arbeitende Mehrheit wird aufgesplittert bezüglich Ausbildung, Bezahlung, Arbeitsbedingungen oder Arbeitsplatzsicherheit. Vorurteile werden verbreitet, um den Blick auf die wirklichen Ursachen der Krisen zu verstellen. „Die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft ist bedroht, wir können uns Flüchtlinge, die uns nur Geld kosten, nicht leisten. ’Gastarbeiter’ sind öfter krank, nicht so fleißig und gewissenhaft usw.”
Solange eine auf Ausbeutung und Unterdrückung beruhende Gesellschaft existiert, wird auch der Rassismus ein wichtiger Bestandteil sein, um die Zustände zu rechtfertigen und die Wirklichkeit zu verhüllen.
„Kapitalismus ohne Rassismus ist nicht möglich:“ (Malcolm X)
Zusammenhänge zwischen sozialen Problemen und Rassismus – Rassismus ist nicht die natürliche Reaktion auf wirtschaftliche Krisen
Für Antifaschisten stellen sich viele Fragen über Ursachen und Wirkungen von Rassismus und Faschismus. Die bürgerlichen Politiker und die Medien versuchen, die Ursachen zu vertuschen. Erst einmal wird verschwiegen, heruntergespielt. Wenn sich das nicht mehr durchhalten lässt, werden die „Einzeltäter” entdeckt. Diese Jungnazis werden oft als Opfer dargestellt. Auch kritische GesellschaftswissenschaftlerInnen beschreiben den Hass auf alles Fremde als natürliche Reaktion der „einfachen Leute” auf die Wirtschaftskrise. Wir wollen im folgenden Text auf einige Fragen eingehen, die oft auftauchen.
Ist Rassismus das natürliche Ergebnis sozialer Probleme wie Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot, Armut?
Nein. Probleme führen nicht automatisch zu Rassismus. Die „natürliche Reaktion“ ist, dass sich Menschen mit Problemen gegen die Ursachen ihrer Probleme wenden. Immer wieder haben Arbeiter gegen ihre Unternehmer für bessere Arbeitsbedingungen gestreikt. Heute organisieren sich in der BRD Millionen von Menschen in den Gewerkschaften, Hunderttausende sind in Initiativen organisiert, um die Ursachen ihrer Probleme – sei es Wohnungsnot oder Umweltverschmutzung – anzugehen.
Soziale Probleme bieten aber den Herrschenden die Möglichkeit, durch Rassismus Sündenböcke zu schaffen und damit von den Ursachen abzulenken. Sie sind umso erfolgreicher, je weniger der Spaltungsstrategie politische Alternativen entgegensetzt werden. Die Kohl-Regierung hat die Flüchtlinge zu Sündenböcken gemacht. Seit 1982 läuft, mal mehr, mal weniger intensiv, die „Asylbetrüger”-Kampagne. Die SPD hat dem nichts entgegengesetzt. Sie ist eingeknickt und hat die Propaganda mitgemacht. Auch die Gewerkschaften haben nur mit Iauwarmen Worten protestiert. SPD und Gewerkschaften haben auch darauf verzichtet entschieden gegen Arbeitslosigkeit und Sozialabbau zu kämpfen und unterstützen die „Gürtel-enger-schnallen” Aufrufe – die Gewerkschaften zaghaft, die SPD-Spitze mit vollem Schwung. Die ArbeiterInnen, die von Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot und sozialem Abstieg bedroht sind, sehen keine Perspektive. Auf dieser Grundlage können rassistische Ideen sich auch unter Arbeiterlnnen verbreiten. „Wenn man schon nicht gegen die Bonzen ankommen kann, dann sollen wenigstem die Flüchtlinge raus, die uns auf der Tasche liegen” denken viele. Doch nicht die sozialen Probleme an sich, sondern bewusste politische Strategien verschaffen dem Rassismus massenhafte Unterstützung
Aber lehnen wir nicht alle erst einmal ”das Fremde” ab und haben somit eine rassistische Grundeinstellung?
Menschen werden durch die Gesellschaft, in der sie aufwachsen und leben, geprägt. Die herrschenden Ideen sind immer die der herrschenden Klasse. Das bedeutet, dass uns von Kindesbeinen an Dinge tief eingebrannt werden, die wir nur in einem langen Bewusstseinsprozess ablegen können – und selbst dann oft nicht völlig. Ein Beispiel hierfür sind die unterschiedlichen Geschlechterrollen, die wir anerzogen bekommen. Selbst bei Männern, die bewusst antisexistisch sind, wird man feststellen, dass sie nicht alle sexistischen Vorurteile und Verhaltensweisen haben ablegen können.
Ähnlich verhält es sich mit der Frage, ob Rassismus zur Grundeinstellung von Menschen gehört. Die kapitalistische Gesellschaft und ihre Ideologie, von der wir geprägt sind, beinhalten Nationalismus und Rassismus. Wir sollen uns als Deutsche sehen und nicht als ArbeiterInnen in einer Klassengesellschaft. Wir sollen mehr Verbundenheit mit deutschen Kapitalisten entwickelten, als mit den ArbeiterInnen anderer Länder. Andererseits erkennen die Arbeiter verschiedener Nationalität im Kampf ihre gemeinsamen Interessen. Die anerzogenen Vorurteile werden so durch die eigene Erfahrung überwunden. Sozialisten stellen der rassistischen Ideologie eine internationalistische entgegen.
Für den politischen Kampf ist beides wichtig: Nicht zu vergessen, dass auch klassenbewusste Arbeiter nicht frei von rassistischen Verhaltensweisen und Ideen sind – aber auch den Hauptgegner in dem gezielten Rassismus der Herrschenden zu sehen und diesen zu bekämpfen.
Was ist der Unterschied zwischen Rassismus und Faschismus?
Rassismus und Faschismus werden oft in einem Atemzug genannt. Es gibt Rassismus ohne Faschismus. Rassismus ist die Ungleichbehandlung von Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe oder anderer körperlicher Merkmale bzw. ihrer Abstammung. In Deutschland wird die Ungleichbehandlung von hier geborenen aber nicht von Deutschen abstammenden Menschen in Ausländergesetzen festgeschrieben, die sogenannte AusländerInnen zu Menschen zweiter Klasse machen. Insofern ist die BRD ein rassistischer Staat. Ein faschistischer Staat ist Deutschland nicht.
Der Faschismus ist eine extreme Herrschaftsform in der kapitalistischen Gesellschaft. Der Faschismus kommt dann zum Zuge, wenn die anderen Herrschaftsformen nicht mehr funktionieren und die Kapitalisten Angst vor einer sozialen Revolution haben müssen. Ziel des Faschismus ist die Beseitigung aller demokratischen Rechte und die Zerschlagung der Organisationen der Arbeiterbewegung.
Der Faschismus benutzt unterschiedliche ideologische Mittel, um sich eine Unterstützung in breiteren Teilen der Bevölkerung aufzubauen. Eines dieser Mittel ist der Rassismus, im Falle der NSDAP ganz speziell der Antisemitismus. Die Faschisten heute hetzen gegen Asylbewerber und „Ausländer”. Mussolini verbreitete in Italien einen aggressiven Nationalismus. Die Faschisten in Schottland versuchen eine Spaltung entlang religiöser Linien zu erreichen.
Würde es ausreichen, Wohnungen und Arbeitsplatze für alle zu schaffen, um dem Rassismus den Boden zu entziehen?
Wenn es Wohnungen und Arbeit für alle gäbe, wäre dem Rassismus viel von dem Boden, auf dem er gedeihen kann, genommen. Aber das Grundproblem wäre damit noch nicht gelöst. Trotz Vollbeschäftigung und wachsendem Lebensstandard gab es in der Nachkriegszeit Rassismus. In den USA war der Rassismus ein Hauptpfeiler der kapitalistischen Ordnung. Hier gab es Rassentrennung trotz der Boom-Zeiten in den 50er und 60er Jahren. Die Feststellung des amerikanischen Schwarzenführers Malcolm X, dass es keinen Kapitalismus ohne Rassismus geben kann, stammt aus den 60er Jahren.
Die Krise der kapitalistischen Gesellschaft führt dazu, dass die Herrschenden die rassistische Karte ziehen und ausspielen. Doch vorhanden ist Diskriminierung in jeder Gesellschaft, die auf Ausbeutung beruht, auch wenn sie in ruhigeren Zeiten nicht im Vordergrund steht.
Wie können Rassismus und Faschismus abgeschafft werden?
Wenn die Arbeiterlnnen den Kampf gegen die wirklichen Verursacher sozialer Probleme führen, wird der Sündenbockpolitik der Herrschenden der Boden entzogen. Wie in der Antwort auf die erste Frage erklärt wurde, ist in breiten Schichten der arbeitenden Bevölkerung das Bewusstsein vorhanden, dass man eigentlich gegen „die da oben” vorgehen muss. Gleichzeitig gibt es die rassistischen Vorurteile, die zurückgedrängt werden, wenn sich Kämpfe entwickeln. In solchen Auseinandersetzungen erfahren Arbeiterlnnen, dass sie wie ihre ausländischen KollegInnen einen gemeinsamen Gegner in Gestalt der Kapitalisten bzw. der Regierung haben.
Diese Entwicklung muss jedoch durch eine bewusste antirassistische Politik der Arbeiterbewegung unterstützt werden. Und vor allem müssen die faschistischen und rassistischen Organisationen, die uns bedrohen, direkt bekämpft und zurückgeschlagen werden.
Solche Kämpfe können jedoch Rassismus und Faschismus nur zeitweilig zurückdrängen. Nur eine erfolgreiche sozialistische Revolution und der Aufbau einer Gesellschaft, die nicht mehr am Profit für wenige, sondern an den Bedürfnissen aller orientiert ist, kann diese Übel endgültig beseitigen. Nur wenn die Macht demokratisch von der arbeitenden Bevölkerung ausgeübt wird, gibt es kein Interesse mehr, eben diese arbeitende Bevölkerung zu spalten. Nur wenn alle Menschen eine Zukunftsperspektive haben, wird es unmöglich, Ängste zu schüren bzw. auszunutzen und Sündenböcke zu schaffen.
Würde in einer sozialistischen Demokratie der Rassismus also automatisch verschwinden?
Nein. Eine sozialistische Demokratie würde die wirtschaftlichen und sozialen Voraussetzungen für die vollkommene Abschaffung von Rassismus und Sexismus schaffen. Das ist der wichtigste Schritt. Aber mit neuen Wirtschafts- und Machtverhältnissen werden nicht die Vorurteile der bürgerlichen Gesellschaft auf einmal aus den Köpfen verschwinden. Ein bewusster Kampf gegen Vorurteile wäre auch in einer sozialistischen Gesellschaft nötig.
„Weil keiner seinesgleichen ausplündern, unterjochen und töten kann, ohne ein Verbrechen zu begehen erheben sie es zum Prinzip, dass der Kolonisierte kein Mensch ist.” Jean-Paul Sartre
Rassismus und Arbeiterbewegung
Die ehemalige Arbeiterpartei SPD und die Gewerkschaften sind einmal geschaffen worden zum Kampf gegen den Kapitalismus, für die Solidarität der Arbeitenden aller Länder. Aber diese Organisationen haben schon bald ihren Frieden mit dem Kapitalismus gemacht – und sind deshalb vom rassistischen Gift infiziert worden. Schon 1907 hat die sozialdemokratische Sozialistische Internationale nur noch mit knapper Mehrheit eine prinzipielle Ablehnung des Kolonialismus beschlossen. Der Theoretiker des rechten SPD-Flügels Bernstein (der von der SPD-Führung längst rechts überholt wurde und den die PDS-FührerInnen heute für sich entdecken) plädierte für eine „sozialistische Kolonialpolitik”: „Eine gewisse Vormundschaft der Kulturvölker gegenüber Nichtkulturvölkern ist eine Notwendigkeit”. 1914 ging die mit dem Kolonial-Rassismus gesäte Saat des Opportunismus und Nationalismus auf. Die internationale Sozialdemokratie stimmte dem Gemetzel des Ersten Weltkriegs zu. Von 1914 bis zur Asylrechtsänderung und Schröders „kriminelle Ausländer müssen raus, aber schnell!“ ist die SPD immer wieder vor dem Rassismus in die Knie gegangen. Der Kampf gegen den Rassismus muss auch innerhalb der Arbeiterbewegung bewusst geführt werden. Mit frommen Reden von „Ausländerfreundlichkeit” dürfen wir uns nicht von den Führern der Organisationen abspeisen lassen.
Das Huhn und das Entenei
„… die Leute werden erkennen, dass es unmöglich ist für ein Huhn, ein Enten-Ei zu legen (…) Ein Huhn hat es einfach nicht innerhalb seines Systems, ein Enten-Ei zu erzeugen. Es kann nur produzieren gemäß dem, zu welcher Produktion dieses bestimmte System konstruiert worden ist. Das System in diesem Land kann nicht Freiheit für einen Afroamerikaner produzieren. Es ist unmöglich für dieses System, dieses Wirtschaftssystem, dieses politische System, dieses Gesellschaftssystem…. Und wenn jemals ein Huhn ein Enten-Ei gelegt hat, ich bin ganz sicher, ihr werdet sagen, dass das gewiss ein revolutionäres Huhn war! (…) Es ist unmöglich für eine weiße Person, an den Kapitalismus zu glauben und nicht an den Rassismus zu glauben. Ihr könnt keinen Kapitalismus haben ohne Rassismus!" (Malcolm X, Rede vom 29. Mai 1964)
Diese Texte wurden zusammengestellt von Wolfram Klein, Claus Ludwig und Sascha Stanicic