Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt. Die internationale Konkurrenz zwingt uns dazu. Die Konjunktur ist schwach. Die Kassen sind leer. Das sind beliebte Begründungen der Politiker und Unternehmensvertreter, wenn es darum geht, soziale Leistungen in den Städten und Gemeinden einzuschränken und städtisches Eigentum wie Krankenhäuser oder Müllabfuhr an private Unternehmen zu verkaufen. Auch die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst bekommen das in der jetzt laufenden Tarifrunde mal wieder zu hören.
von Jörn Kroppach, Hamburg
Doch die Krise der Kommunen hat andere Ursachen: Steigende Arbeitslosigkeit durch immer neue Entlassungswellen trotz blendender Bilanzen der Unternehmen in den letzten Jahren sowie sinkende Einkommen haben in den Kommunen die Kosten für Sozialhilfe in die Höhe getrieben. Durch den Abbau hundertausender Arbeitsplätze im Öffentlichen Dienst haben Staat und Städte diese Entwicklung noch gefördert. Im Laufe der Jahre wurden zudem immer mehr Kosten vom Bund auf die Kommunen verlagert.
Kassen geplündert
Ein weiterer Grund für die Pleite der Kommunen sind ihre deutlich sinkenden Einnahmen. Dieser Einnahme-Einbruch wurde von der jetzigen rot-grünen und ihrer Vorgänger-Regierung unter Helmut Kohl herbeigeführt. Seit über 20 Jahren werden die Staatskassen durch die Politiker zugunsten der Unternehmen und der Reichen systematisch geplündert. Zwischen 1980 und 1998 wurden die Unternehmenssteuern so weit abgesenkt, dass dem Staat 100 Milliarden Euro weniger Einnahmen zur Verfügung standen.
Im Jahr 2001 zahlten die Aktiengesellschaften und GmbHs erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik zusammengenommen keinen Cent Steuern auf ihre Gewinne (Körperschaftssteuer). Im Gegenteil: Sie bekamen sogar noch 426 Millionen Euro Steuerrückvergütung. Dies bedeutete bundesweit laut isw-Wirtschaftsinfo allein 2001 einen Einnahmeverlust von 24 Milliarden Euro. Die Einnahmen über die Einkommenssteuer (Steuern für die Selbständigen) sanken im Jahr 2001 um 39 Prozent, das sind 3,5 Millarden Euro. Die Kommunen sind über den Länderfinanzausgleich an diesen Einnahmen beziehungsweise dem Rückgang beteiligt. Ursache für den Steuerausfall ist die rot-grüne Steuerreform, die Unternehmen massiv entlastet hat.
Direkt an die Städte und Gemeinden wird die Gewerbesteuer (Steuer auf Gewinn und Kapital von Gewerbetreibenden) gezahlt. Hier profitieren die Unternehmen ebenfalls von der „Jahrhundert“-Steuerreform unter SPD und Grünen.
Des einen Leid …
In München, einer der wirtschaftlich erfolgreichsten Städte Deutschlands, zahlen so große Konzerne wie Siemens, Infinion, Allianz, MAN und BMW keine Steuern mehr. BMW schrieb in einem Aktionärs-Brief, das Jahr 2001 sei mit einem Gewinn von 1,1 Milliarden Euro das „mit Abstand erfolgreichste Jahr in der Unternehmensgeschichte“ gewesen. Und die Stadt München ist pleite.
Auswege aus der Schuldenkrise?
In fast allen Städten und Gemeinden, aber auch auf Bundes- und Länderebene wird ein Sparpaket nach dem anderen beschlossen. Durch Kürzungen im Sozialbereich, Arbeitsplatzabbau und Privatisierungen sollen die Finanzlöcher gestopft werden.
Diese Versuche sind zum Scheitern verurteilt und bauen die Verschuldung nicht wirklich ab. Die Kommunen selbst können die Probleme nicht lösen.
Für eine wirkliche Umverteilung ist ein neues Steuersystem nötig, das die besteuert, die auch viel verdienen. Voraussetzung hierfür wäre die Abschaffung der sogenannten Massenverbrauchssteuern (Mehrwertsteuer, Ökosteuer, …) und Ersetzung durch ein einfaches und klares System von direkten Steuern auf Einkommen, Gewinne und Vermögen mit stark steigenden Steuern bei hohem Einkommen.
Jede Stunde zahlt allein der Bund 110 Millionen Euro an Zinsen; im Jahr sind dies 40 Milliarden Euro. Die Banken selbst aber sind es, die durch ihre Interessensvertreter der Unternehmerparteien CDU, FDP, SPD und Grüne für eine Steuerreform gesorgt haben, an der sie selbst am meisten verdienen durch die Steuerersparnis und dann noch einmal durch die Vergabe von Krediten aufgrund der Finanzlöcher des Staates.
Diese Plünderung der Steuerkassen durch die Banken müsste durch einen sofortigen Stopp der Zinszahlungen von Bund, Ländern und Gemeinden beendet werden. Die Überführung der Gelder und damit auch der Banken in öffentliches Eigentum würde die weitere Bereicherung stoppen und die Verwendung der Gelder im Sozialbereich und zur Schaffung von Arbeitsplätzen ermöglichen.