Stellungnahme der SAV zum CSD 2002
   
  Der landesweite Schwulen- und Lesbenverband LSVD will in diesem Jahr auf   die Diskriminierung von Schwulen, Lesben und Bisexuellen im   Adoptionsrecht aufmerksam machen. Nachdem letztes Jahr die Homoeh Thema   war und es nun für Schwule, Lesben und Bisexuelle möglich ist, sich als   Lebenspartnerschaft eintragen zu lassen, soll nun das Recht auf   Elternschaft Gleichberechtigung bringen. Doch diese Regelungen erfassen   immer nur einen Teil der Menschen und diskriminieren andere.
Ein   Schritt nach vorne ist nur die Gleichberechtigung aller Lebensformen,   egal ob sie homo-, bi- oder heterosexuell sind, egal ob man/frau sich   eine Wohnung teilt, egal ob Kinder aufgezogen werden oder nicht, egal ob   und mit wem Sex im Spiel ist. Die Ausrichtung auf Homoehe und   Adoptionsrecht für bestimmte Gruppen ist dagegen eine Sackgasse und   trägt nicht zur wirklichen Gleichberechtigung bei. Oder werden   beispielsweise Menschen aus binationalen Ehen weniger diskriminiert,   weil sie verheiratet sind oder Kinder haben?
Dieser Staat ist nicht   daran interessiert die Unterteilungen der Menschen in Männer und Frauen,   Deutsche und Ausländer, Homo-, Bi- und Heterosexuelle völlig aufzuheben,   da diese das bestehende System mit aufrecht erhalten. Mit kleinen   kosmetischen Korrekturen in Gesetzestexten wollen sich etablierte   Politiker über die nächste Wahl retten. Unserer Meinung hat der Staat   kein Recht, Regelungen zu schaffen, wer mit wem legal und staatlich   gefördert schlafen kann und wer, wenn er nicht ins Bild paßt, schon vom   Gesetz her diskriminiert wird.
Der diesjährige Forderungskatalog ist   umfangreich und enthält positive Ansatzpunkte. Aber können diesen   Forderungen auf einer schwul-lesbischen Loveparade, zu dem sich der CSD   in den letzten Jahren in vielen Städten entwickelte, oder in   Hochglanzmagazinen voller Werbung tatsächlich Geltung verschafft werden?
Die   Toleranz, die etablierte PolitikerInnen durch offizielle Grußworte zur   Schau stellen oder die von der Werbung durch die Entdeckung von   Homosexuellen als Zielgruppe vermittelt wird, ist scheinheilig. Sie kann   und darf nicht über die alltägliche Diskriminierung hinwegtäuschen. Auch   wenn Jacobs dieses Jahr auf der CSD-Party für Werbezwecke Kaffee   spendiert, mit wirklicher Gleichberechtigung, Akzeptanz oder einer   angeblich neuen Normalität hat dies nichts zu tun.
Einen   besseren Ansatz bietet der alternative CSD, wie er auch dieses Jahr zum   Beispiel in Berlin und Hamburg stattfindet. Statt Geld mit überteuertem   Sekt zu machen, werden hier weitreichendere politische Forderungen in   den Vordergrund gestellt, wie der Stopp von Kürzungen im Sozialbereich,   gegen Kriegstreiberei oder für Internationalismus. Der alternative CSD   bietet auf diese Weise Raum für eine grundlegendere Gesellschaftskritik,   die im Zusammenhang mit diesem Thema richtig und notwendig ist.
In   einer Gesellschaft, die nur am Profitinteresse einiger weniger Reicher   ausgerichtet ist, kann es keine wirkliche Gleichberechtigung auf Dauer   geben. Nur in einer sozialistischen Gesellschaft, wo die Wirtschaft nach   den Bedürfnissen der Mehrheit der Bevölkerung geplant wird, können die   tiefsitzenden Unterteilungen der Menschen überwunden werden. Dafür   kämpfen wir.