Begrifferklärungen zu Tarifrunden
a) Tarifrunde
Zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeberverband wird verhandelt, wie viel Lohn die ArbeiterInnen bekommen. Am Ende kommt ein bestimmtes Ergebnis raus, darunter kommen dann die Unterschriften, fertig ist der Tarifvertrag. Dieser gilt (eigentlich) für die Mitglieder der Gewerkschaft und die Firmen die dem Arbeitgeberverband angehören. Wie lange dieser Vertrag gilt, wird im Vertrag selber geregelt.
b) Friedenspflicht
In Westdeutschland gibt es seit den 70 er Jahren ein Abkommen, was für eine bestimmte Zeit der Gültigkeit des Tarifvertrages, Streiks verbietet, die besagte Friedenspflicht (im Osten nicht). Dieses Jahr endete diese am 28. März. Streiken KollegInnen vorher, kriegen sie Ärger mit dem Unternehmer und der Gewerkschaft.
c) Warnstreik
Als diese bezeichnet man Arbeitsniederlegungen, welche nicht von der Gewerkschaft bezahlt werden, also die KollegInnen müssen selber den Lohnverlust für die Zeit tragen.
d) Verhandlungspoker
Derzeit laufen die Verhandlungen in den verschiedenen Tarifbezirken (z.B. Bayern, NRW, Norden etc). Sogenannter Pilotbezirk ist Baden-Württemberg, damit ist gemeint, dass in diesem Bezirk ein Ergebnis angestrebt wird, was dann auf die anderen Bezirke übertragen wird.
e) Große Tarifkommission
Dieses Gremium der Gewerkschaft gibt es in jedem Bezirk. Dort werden die Verhandlungszwischenstände diskutiert. Hier kann auch das Scheitern von Verhandlungen erklärt und dann beim Vorstand der Gewerkschaft beantragt werden, dass die Urabstimmung eingeleitet wird. Dieser wählt dann meistens nur einen Bezirk aus, wo dies gemacht wird.
f) Urabstimmung
Alle Gewerkschaftsmitglieder bekommen die Frage gestellt, ob sie für oder gegen Streik sind. Dann müssen noch 75% der Mitglieder (was natürlich total undemokratisch ist) für Streik sein und es kann los gehen. In diesem Fall bekommen die ArbeiterInnen Streikgeld von der Gewerkschaft.
g) Streikkasse
Für die Zeit eines Arbeitskampfes gibt es für die ArbeiterInnen natürlich keinen Anspruch auf Lohn. Dennoch müssen die Beschäftigten und ihre Familien irgendwie über die Runden kommen. Das Streikgeld der Gewerkschaft ist für diesen Fall vorgesehen und ist in der Satzung festgelegt. Dieses Geld ist aber nicht so üppig, dass es den Lohnverlust ausgleichen kann. Deshalb ist es, gerade bei längeren Streiks, immer sehr wichtig zusätzliche Kohle zu sammeln um den Kampf weiterführen zu können. Denn mit sehr knappen Finanzen und der ganzen nervlichen Anspannung die ein Streik mit sich bringt (Druck durch die Betriebsleitung, Vorgesetzte und Propaganda der Arbeitgeberverbände, Medien, Parteien) steigen häufig Konflikte zwischen den streikenden KollegInnen und in deren Familien. Eine der klassischen Soliarbeiten von uns ist deshalb auch das Sammeln von Spenden für die Streikenden.
h) Streikbrecher
Bei den Urabstimmungen hat es eine riesige Mehrheit für den Streik gegeben. Die Wahlbeteiligung war gemessen an dem Interesse an bürgerlichen Wahlen nahezu traumhaft. Dennoch gab es eine Minderheit der KollegInnen die gegen den Streik war und ist. Dies ist einerseits Resultat der Politik der Gewerkschaftsführung. Andererseits gibt es nun mal unterschiedliches Bewusstsein in der ArbeiterInnenklasse, eben auch rückständiges und dies wird es bis zur Revolution geben. Diese Lohnabhängigen sind von der Notwendigkeit eines gemeinsamen Kampfes gegen die Unternehmer nicht überzeugt oder lehnen ihn sogar ab. Sie sind von der bürgerlichen Vorstellung geprägt, dass es keinen fundamentalen Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit gibt und das man sich halt am Verhandlungstisch einigen sollte. Die meisten KollegInnen die gegen den Streik sind, beteiligen sich entweder dennoch direkt am Streik oder unterwandern diesen nicht. Es wird jedoch auch bei diesem Streik ArbeierInnen geben, die schlicht und einfach den Streik verraten und arbeiten gehen. Unternehmer versuchen dabei auch gezielt ausländische Kolleginnen mit unsicherem Aufenthaltsstatus für sich zu gewinnen. Wir sollten dafür eintreten, dass man die Diskussion suchen sollte mit diesen KollegInnen und ihnen erklären muss, dass sie alle ArbeiterInnen und letztlich sich selber schaden, wenn sie den Streik sabotieren. Wenn das alles nichts nützt, muss mit Streikposten die vor den Werkstoren sich postieren, dafür gesorgt werden,dass keiner in den Betrieb kommt und so den Erfolg des Streiks in Gefahr bringen kann.
i) Aussperrung
Diese findet statt, wenn streikenden ArbeiterInnen von der Firmenleitung verwehrt wird, wieder auf das Gelände zu kommen.
j) Heiße Aussperrung
Ist dann der Fall wenn Streikende direkt davon betroffen sind, z.b. die KollegInnen kommen den frühen Morgen zum Werkstor und dieses ist zu und durch Sicherheitsdienst werden sie nicht mehr rein gelassen. Ziel von Unternehmer ist Einschüchterung und Einsatz von Streikbrechern, also KollegInnen den den Streik durch ihre Arbeit sabotieren.
k) Kalte Aussperrung
Ein Betrieb kann durch den Streik und den damit verbundenen Ausfall von Zulieferprodukten in Schwierigleiten kommen und die Produktion kann nicht fortgesetzt werden. In den 80 ern hat die IGM mit dieser Taktik mit relativ wenig Aufwand viele Betriebe lahmgelegt und konnte so großen Druck entfalten (gleichwohl lehnen wir das ab, weil es viele KollegInnen nur zuschauen läst und die Bürokratie die Kontrolle behalten möchte). Die Kapitalisten haben daraufhin, diese als Folge des Streiks in einem anderen Betrieb für eine vorübergehende Zeit arbeitslos gewordenen KollegInnen, ausgesperrt. Dies nennt man heiße Aussperrung.
l) § 116 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und Streiktaktik
Der oben beschriebene Fall hat sich 1984/85 ereignet, als die Metallarbeiter und Drucker für die 35 Stundenwoche kämpften, mit der beschriebenen Taktik. Die KollegInnen der Betriebe, die durch einen anderen Streik keine Arbeit im Betrieb hatten, bekamen bis dahin Kurzarbeitergeld vom Arbeitsamt. Zunächst per Erlas des damaligen Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit (Franke Erlas) und später per Gesetz wurde dies geändert (s.o.). Dies hatte zur Folge, dass diese heiß ausgesperrten KollegInnen ohne Lohn, Kurzarbeitergeld und ohne Streikgeld dastanden. Dies bedeutete eine massive Einschränkung des Streikrechts und war ein direkter Angriff auf die ArbeiterInnenbewegung. Diese Einschränkung stellt bis heute ein wichtiges Argument für die Bürokratie dar, um für begrenzte Streiks einzutreten, weil sonst heiße Aussperrung drohen würde. Beim anstehenden Metallerstreik präsentiert die IGM Spitze ein neues Streikkonzept. Die Betriebe sollen nur noch für einen Tag bestreikt werden, dann kommt wieder ein anderer dran. So solle den Unternehmern kein Vorwand für Aussperrung geliefert und viele Beschäftigte einbezogen werden. Mit der sehr kurzfristigen Entscheidung welcher Betrieb bestreikt wird, sollten die Unternehmer verunsichert und die Produktionsabläufe in der Metallindustrie getroffen werden. Wir sollten betonen, dass auch diese Taktik die ArbeiterInnen größtenteils aufs Zuschauen beschränkt und der Druck auf die Unternehmer relativ gering ist. Wir sollten für den Vollstreik argumentieren, weil er von Anfang an (möglichst) alle Betrieb umfasst und so enormer Druck ausgeübt werden kann. Dies würde auch das Selbstbewusstein der ArbeiterInnen enorm steigern, die Gewerkschaften wieder in die Offensive bringen (Mitgliederwachstum, Möglichkeit betriebliche Verankerung zu steigern usw.) und somit das Kräfteverhältnis verändern.