Die WASG kann durch die Landtagswahlen NRW enormen Schub gewinnen
Nur noch rund 120 Tage sind es bis zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen (NRW) am 22. Mai. Außer wenig Zeit hat die Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) auch noch wenig Geld und wahrscheinlich wenig Beachtung durch die Medien. Trotzdem kann der Wahlkampf die WASG einen großen Schritt nach vorne bringen.
Das WählerInnenpotenzial der WASG ist riesengroß. Von den Millionen Wahlberechtigten vertreten die etablierten Parteien nur die Interessen der kleinen Schicht von Millionären. CDU, SPD, FDP und Grüne handeln nicht im Interesse der eine Millionen Arbeitslosen in NRW, denen sie Hartz IV gebracht haben; sie handeln nicht im Interesse der über 700.000 Beschäftigten im öffentlichen Dienst, denen sie die Löhne senken und deren Arbeitzeit sie verlängern; nicht im Interesse der Studierenden, denen sie Studiengebühren gebracht haben; nicht im Interesse der RentnerInnen, denen sie die Rente kürzen; nicht der Beschäftigten bei Opel und aller anderen von Entlassung bedrohten, die sie belügen statt zu unterstützen; nicht im Interesse der Jugendlichen, deren zukünftige Arbeitsplätze sie durch Stellenabbau vernichten.
Arbeit und soziale Gerechtigkeit, der Name der WASG, steht für die Interessen von Millionen. Warum wählen dann nicht automatisch Millionen bei der Landtagswahl die WASG? Erstens müssen sie die WASG kennen und zweitens müssen sie Grund haben, der WASG zu vertrauen. Parteien, die behauptet haben sozial, ökologisch und für mehr Gerechtigkeit zu sein, und nach der Wahl das Gegenteil gemacht haben, davon gab es schon einige wie wir alle wissen.
Den Unterschied deutlich machen
Wir WASG-Mitglieder haben bis zur Landtagswahl nur wenig Zeit, aber wir können diese Zeit nutzen, um zu beweisen, dass die WASG anders ist. Das fängt beim Geld an. Alle KandidatInnen müssen sich öffentlich verpflichten, dass sie keinerlei Privilegien aus der Tätigkeit als Landtagabgeordnete entgegennehmen werden. Dazu zählt auch, dass sie alle Einkünfte aus dem Landtagsmandat, die das Durchschnittseinkommen eines Facharbeiters in NRW übersteigen und nicht nachgewiesenermaßen für die Tätigkeit als Abgeordneter aufgewendet werden, spenden.
Die WASG steht mit ihrem Namen für soziale Gerechtigkeit. Deshalb darf es nach der Wahl keine Zusammenarbeit mit SPD oder Grünen geben, auch wenn die Alternative eine CDU-Regierung wäre. Tolerierung von oder Koalition mit SPD und Grünen würde bedeuten: Tolerierung von oder Mitarbeit am Sozialabbau. Die Alternative dazu ist: Kampf gegen Kürzungen, egal ob von Schwarz / Gelb oder Rot / Grün.
Das Programm muss ernst gemeint sein. Der einzige Wert der Wahlprogramme von SPD und Grünen liegt in ihrem Heizwert, wenn man sie in den Ofen steckt; an ihre Wahlprogramme halten sich diese Parteien bekanntlich nicht.
Bei der WASG müssen Worte und Taten, Programm und Praxis übereinstimmen.
Die WASG darf sich nicht auf Kritik an der Politik der SPD- und Grünen-Minister in der Regierung beschränken, sondern muss auch die Politik der SPD- und Grünen-Funktionäre in der Gewerkschaft einschließen. Solidarität mit den KollegInnen bei Opel heißt auch Kritik am Verhalten der dortigen IG-Metall-Führung. Unterstützung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst heißt auch Kritik am Kurs von verdi-Chef Bsirske in der laufenden Tarifrunde im öffentlichen Dienst.
Das Programm muss realistisch und glaub würdig sein. Im Programmentwurf steht zum Beispiel bisher die Forderung, der Spitzensteuersatz müsse mindestens 47 Prozent betragen. Wie soll man soziale Gerechtigkeit herstellen, mit einem Spitzensteuersatz der deutlich niedriger ist als er selbst zu den unseligen Zeiten der Kohl-Regierung war? (Die hat ihn 1990 von 56 Prozent auf 53 Prozent gesenkt.)
Glaubwürdigkeit und Realismus bedeutet auch, dass man sich im Programm klar positioniert: Wenn Marktwirtschaft und Arbeitsplatzerhaltung nicht miteinander vereinbar sind, dann muss man sich für den Erhalt von Arbeitsplätzen und Einkommen entscheiden, also für die Interessen der Beschäftigten und Erwerbslosen und gegen die Profitinteressen der Kapitalbesitzer.
Aktiv eingreifen
Es reicht natürlich nicht aus, zu behaupten, dass man die Interessen der von Sozialabbau, Arbeitsplatzverlust und Lohnkürzung Betroffenen vertreten will. Vertrauen erwirbt man sich dadurch, dass man auf ihrer Seite aktiv wird. Für die WASG heißt das, wo immer sich Betroffene wehren, bekommen sie die Unterstützung der WASG. Dabei ist es egal, ob das ein landes-, kommunal-, bundespolitisches Thema oder betriebliches Thema ist.
Auch in der kurzen Zeit bis zur Wahl ist es möglich und nötig, Solidarität zu zeigen, Proteste zu unterstützen, Widerstand zu organisieren. Das kann lokal ein Kampf gegen Zwangsräumungen von Hartz-IV-Opfern sein, das kann Widerstand gegen die Entlassungen und Stellenabbau bei den Kindergärten sein.
Die WASG muss die Beschäftigten im öffentlichen Dienst in den gegenwärtigen Tarifauseinandersetzungen unterstützen. In dem Maße wie die WASG es schafft, KollegInnen aus den Betrieben zu organisieren, kann sie auch helfen, den Widerstand gegen Betriebsschließungen und Stellenabbau zu vernetzen, zum Beispiel indem sie eine Konferenz von KollegInnen der Automobilindustrie unterstützt.
Kampf gegen Nazis
Auch im Kampf gegen die Nazis kann und muss die WASG sich einen Namen machen. Die NPD kandidiert zu der Landtagswahl in NRW und wird ihre Hass-Propaganda auf Flugblättern und Plakaten verbreiten wollen. Durch Mitorganisierung von Blockaden gegen Nazi-Aufmärschen und Nazi-Infostände, durch öffentliche Plakat-Abhängaktionen kann die WASG ihren Beitrag dazu leisten, die Nazi-Propaganda zu stoppen.
Gleichzeitig muss den Scheinlösungen der Nazis ein politisches Programm zum Erhalt aller Arbeitsplätze und angemessene Einkommen für alle entgegengestellt werden und an Schulen, Berufschulen und vor Betrieben verteilt werden.
Hinter all dem muss ein völlig anderes Verständnis von parlamentarischer Arbeit stehen, als bei den etablierten Parteien. Wir müssen deutlich machen: Für die WASG sind Sitze im Parlament kein Selbstzweck, sondern Mittel, um den Protest auf der Straße und in den Betrieben zu unterstützen. Und so muss auch schon der Wahlkampf geführt werden.
Auf diesem Wege kann die WASG beweisen, dass sie kein Verein von Wahl-Stimmenfängern ist, sondern eine kämpferische Partei für alle, die noch Arbeit haben, und alle, die keine mehr haben. Dann wird sie in jedem Fall gestärkt aus dem Wahlkampf hervorgehen.
Damit die WASG einen kämpferischen Wahlkampf führt, braucht sie mehr Mitglieder, braucht sie Menschen, die zusammen mit anderen für ihre gemeinsamen Interessen eintreten wollen. Deshalb: Jetzt eintreten in die WASG und aktiv werden!
Insbesondere in der Führung der WASG gibt es viele, die die WASG eher als Neuauflage der SPD der 80er Jahre sehen, die einfach etwas bessere, sozialere Abgeordnete sein wollen. Dabei übersehen sie, dass der Weg zur Hölle auch bei der SPD und bei den Grünen mit guten Vorsätzen gepflastert war. Das trifft ja inzwischen auch auf die PDS zu, wie ihre Mit-Regierungspraxis in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern zeigt. Mit einem Programm, das nicht die Profitzwänge des Kapitalismus akzeptiert und einem Wahlkampf, in dem der praktische Widerstand gegen Sozialabbau im Vordergrund steht, kann die WASG in den nächsten Monaten die Unterstützung von Hundertausenden gewinnen.
von Georg Kümmel, Köln