von Ben Robinson, \u201eSocialist Party\u201c (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in England und Wales)<\/em><\/h4>\nLetzte Woche aus ganz Europa und der Welt 400 SozialistInnen zur CWI-Sommerakademie in Belgien zusammen. Der Bericht von Ben Robinson handelt vom sehr gut besuchten Arbeitskreis zu Kasachstan und den K\u00e4mpfen der dortigen Arbeiterbewegung.<\/p>\n
Die Redaktion von Socialistworld.net<\/h4>\n
\u201eDie Spaltungslinien [zwischen Kapitalisten und ArbeiterInnen] sind heute klar ersichtlich. Zu den Kapitalbesitzern geh\u00f6ren nicht mehr als einhundert Menschen. [Die Industrie Kasachstans] hat eine vereinigte multi-ethnische Gruppe von Menschen hervorgebracht \u2013 eine in hohem Ma\u00dfe organisierte Arbeiterklasse, die bei den gro\u00dfen Konzernen in Lohn und Brot steht. Seit Ende 2011 bestimmt [diese] das politische und gesellschaftliche Leben.\u201c<\/p>\n
\u201eUnsere Wirtschaft baut auf verschiedenen St\u00fctzen auf. Dazu geh\u00f6ren auch die m\u00e4chtigen Konzerne aus dem Bereich der seltenen Erden. Sollte es jemandem in den Sinn kommen, die ganze Macht der KollegInnen in diesem Bereich zu mobilisieren, so k\u00f6nnte sich dies der Regierung und dem Staat einen l\u00e4hmenden Schlag versetzen [\u2026]. [Allerdings] stehen die Arbeiterklasse und die politischen Kr\u00e4fte in Kasachstan untereinander nicht in direktem Kontakt.\u201c<\/p>\n
\u201eWas es allerdings gibt, sind politische F\u00fchrungspers\u00f6nlichkeiten. In Kasachstan gibt es SozialistInnen, die seit vielen Jahren professionell arbeiten und deren Zeit nun zu kommen scheint.\u201c<\/p>\n
Bei diesem Zitat handelt es sich nicht um die Worte des \u201eCommittee for a Workers International\u201c, sondern unglaublicher Weise um die Ausf\u00fchrungen des ehemaligen Premierministers von Kasachstan, Akeschan Kaschegeldin, die dieser in einem Interview mit der kasachischen Zeitung \u201eNovaya Gazeta\u201c machte.<\/p>\n
Trotz der massiven Repression ist der Boden f\u00fcr einen Massenaufstand gegen das kaltbl\u00fctige und korrupte Regime von Pr\u00e4sident Nasarbajew bereitet. In der ersten Reihe dieser Bewegung stehen die frischen Kr\u00e4fte der jungen kasachischen ArbeiterInnen, die heute die Mehrheit der Arbeiterschaft in der Schwerindustrie Kasachstans stellen.<\/p>\n
Seit Jahren werden von den Arbeitgebern die L\u00f6hne auf gleichem Niveau gehalten, was die ArbeiterInnen in die Armut st\u00fcrzt. Eine Welle von Selbstmorden zog sich durch die Armenviertel, in denen viele leben, die von erdr\u00fcckender Schuldenlast gebeutelt sind. Allein am heutigen Tag ist es laut Quellen, die eigentlich mit dem Regime Nasarbajew in Verbindung stehen, zu zehn Selbstmorden gekommen, die mit Schulden zusammenh\u00e4ngen. Gleichzeitig beantragen Hunderte psychiatrische Hilfe. W\u00e4hrend Krankenschwestern in Armut leben, erwerben korrupte B\u00fcrokraten Feriendomizile in Europa. Das Regime plant gerade die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters auf 68 Jahre, das dann h\u00f6her liegen w\u00fcrde als die durchschnittliche Lebenserwartung in Kasachstan.<\/p>\n
Die Regierung f\u00e4hrt hingegen einen Propaganda-Kurs, wonach sie den ehemaligen britischen Premierminister Tony Blair eingestellt habe, damit dieser sie ber\u00e4t und vertritt. Doch die arbeitenden Menschen erz\u00e4hlen sich untereinander oft, dass sie sich w\u00fcnschen w\u00fcrden, lieber in einem der L\u00e4nder zu leben, \u00fcber die staatliche Fernsehen h\u00e4ufig berichtet!<\/p>\n
Dies hat zu enormer Unzufriedenheit gef\u00fchrt. Die \u00fcberw\u00e4ltigende Mehrheit der Bev\u00f6lkerung will, dass Nasarbajew geht und die zwanzig Jahre, die der Kapitalismus nun schon herrscht, haben zu einer krassen Sicht auf die Dinge gef\u00fchrt: Entweder dr\u00fcckt das System die Lebensbedingungen auf das Level von Somalia oder die ArbeiterInnen ver\u00e4ndern das System.<\/p>\n
Spektakul\u00e4re Erfolge gegen die Konzernchefs<\/h4>\n
Doch die Arbeiterklasse befindet sich in der Offensive, erringt spektakul\u00e4re Siege gegen die Konzernchefs und stellt Forderungen an das Regime in Kasachstan.<\/p>\n
Ein Kampf gegen die R\u00fcck\u00fcbertragung von H\u00e4usern an die Banken f\u00fchrte dazu, dass die Regierung 4,5 Milliarden US-Dollar zur Verf\u00fcgung stellen musste. ArbeiterInnen haben Fabriken vor der Schlie\u00dfung bewahrt und k\u00e4mpferische Streikaktionen organisiert. J\u00fcngst konnte beim Bergbauunternehmen \u201eKazakhmys\u201c, das in erster Linie Kupfer f\u00f6rdert, eine 100-prozentige Lohnerh\u00f6hung durchgesetzt werden. Dabei hatten hunderte KollegInnen die Mine besetzt, w\u00e4hrend vor dem Werksgel\u00e4nde tausende an Solidarit\u00e4tsaktionen teilnahmen. In derselben Stadt griffen die Besch\u00e4ftigten im Energiesektor Streikma\u00dfnahmen und errangen eine Lohnerh\u00f6hung von 80 Prozent. Es ist von gro\u00dfer Bedeutung, dass die ArbeiterInnen neben den Forderungen nach besserer Bezahlung auch die R\u00fcck-Verstaatlichung der Industriezweige verlangten.<\/p>\n
Soziale und betriebliche K\u00e4mpfe sind aneinander gekoppelt. Diejenigen, die sich am Kampf gegen die R\u00fcck\u00fcbertragung von H\u00e4usern an die Banken beteiligten, fuhren auch 1.500 Kilometer weit, um am Kampf gegen eine Fabrikschlie\u00dfung teilzunehmen.<\/p>\n
In diesen Wellen von K\u00e4mpfen spielen Mitglieder des \u201eCommittee for a Workers\u2019 International\u201c (CWI) eine Schl\u00fcsselrolle. Durch die \u201eSozialistische Bewegung Kasachstans\u201c und die neue Gewerkschaft namens \u201eZhanartu\u201c ist das CWI in der Lage, bei der Organisierung dieser K\u00e4mpfe zu helfen und sie im Kampf gegen das Nasarbajew-Regime miteinander zu vereinen.<\/p>\n
Das hat die Regierung in Angst und Schrecken versetzt und zu Br\u00fcchen innerhalb des Regimes gef\u00fchrt. Bei den j\u00fcngsten Zusammenst\u00f6\u00dfen an der kasachisch-chinesischen Grenze scheint es sich jetzt um einen Teil des Disputs zwischen verschiedenen Fl\u00fcgeln der Oligarchie zu handeln. Es ist m\u00f6glich, dass Nasarbajew nach Jahren an der Macht abgesetzt wird.<\/p>\n
Nasarbajews Antwort darauf war eine zunehmende Repression. Am 16. Dezember 2011 kam es f\u00fcr den Kampf zu einer Art Wendepunkt. Nach Streikaktionen, die sieben Monate angehalten hatten, organisierten die \u00d6larbeiterInnen eine Kundgebung, um der angestauten Wut ein friedfertiges Sprachrohr zu verschaffen. Bei dieser Veranstaltung verst\u00e4ndigten sich die OrganisatorInnen darauf, dass eine zentrale Forderung sein m\u00fcsse, den Kampf auszuweiten und zum Generalstreik gegen das Regime Nasarbajew aufzurufen. Dieser Protest wurde vom Staat jedoch im Blut ertr\u00e4nkt, und die ganze Region, in der die Versammlung stattgefunden hatte, wurde abgeriegelt. Obwohl die Medien und die herrschende Klasse Kasachstans versuchten, das Massaker zu relativieren und von nur 17 Opfern sprechen, gehen Sch\u00e4tzungen von 70 Toten aus.<\/p>\n
Durch die \u201eSozialistische Bewegung Kasachstans\u201c gelangte die Nachricht von diesem Massaker trotz der Versuche des Regimes, diese unter der Decke zu halten, an die Welt\u00f6ffentlichkeit. Weltweit und umgehend organisierte die Solidarit\u00e4tsgruppe \u201eCampaign Kazakhstan\u201c Protestaktionen vor den Botschaften Kasachstans, darunter in Deutschland, Gro\u00dfbritannien, Belgien und Polen. Auch wenn klar ist, dass der kasachische Staat durchaus in der Lage gewesen w\u00e4re, noch weiter zu gehen, um den Streik zu beenden, so konnten die Proteste und Verurteilungen auf internationaler Ebene sie von weiteren Ma\u00dfnahmen abhalten.<\/p>\n
Schauprozesse gegen \u00d6larbeiterInnen<\/h4>\n
Stattdessen zerrt das Regime \u00d6larbeiterInnen vor Gericht und strengt eine Reihe von Schauprozessen gegen sie an. Um nur einen Angeklagten zu zitieren: \u201eIm B\u00fcro f\u00fcr Nationale Sicherheit wurde mir gesagt, ich solle f\u00fcnfzehn andere belasten. Das lehnte ich ab. Sie begannen damit, mich zu schlagen. Ich wurde sechs Mal nacheinander gew\u00fcrgt, bedroht, dass man mich vergewaltigen und Fotos davon ins Internet stellen w\u00fcrde. Der Kommandeur hielt mir mehrmals eine geladene Pistole an den Kopf und sie sagten zu mir, dass sie mich an die Hunde verf\u00fcttern w\u00fcrden.\u201c<\/p>\n
Als die feindseligen Anklagepunkte verlesen wurden, wurden im Gerichtssaal Flaschen und Schuhe geworfen. Auch die AktivistInnen von der Oppositionspartei \u201eAlga\u201c wurden angegriffen. Aber viele der offiziell in Kasachstan existierenden Parteien stehen nur f\u00fcr die Interessen des einen oder des anderen Oligarchen. Deren sogenannte Parteiaktivisten werden f\u00fcr ihr Vorgehen und daf\u00fcr, keine allzu gro\u00dfen Bindungen aufzubauen, bezahlt. Als diese AktivistInnen verhaftet wurden, verwandelten sie sich in Zeugen der Anklage gegen ihre eigene Parteif\u00fchrung. Dies hat dazu gef\u00fchrt, dass die Partei \u201eAlga\u201c von innen heraus zusammengebrochen ist.<\/p>\n
Das Regime nutzte die Verfahren und das Massaker als Drohkulisse f\u00fcr all jene, die an dem Kampf beteiligt sind. Auch der Menschenrechtsaktivist Vadim Kuramshin wurde verhaftet und f\u00fcr einen Schauprozess vor Gericht gestellt. Der bekannte Theaterdirektor Bolat Atabayev wurde verhaftet und wieder freigelassen, nachdem man ihn unter Druck gesetzt hatte, sich im Falle der \u00d6larbeiter auf die Seite des Regimes zu stellen. Die Regierung versucht nun, jede Gewerkschaftsaktivit\u00e4t im Endeffekt zu \u00e4chten, um Arbeitsk\u00e4mpfe noch weiter in die Untergrundt\u00e4tigkeit abzudr\u00e4ngen.<\/p>\n
Doch die Wirkung dieser repressiven Ma\u00dfnahmen wird immer schw\u00e4cher. Das Vorgehen der ArbeiterInnen beim Kupferlieferanten \u201eKazakhmys\u201c signalisiert eine neue Qualit\u00e4t der Kampfbereitschaft. Trotz des pers\u00f6nlichen Risikos f\u00fcr jedeN einzelneN drehten die siegreichen Besch\u00e4ftigten aus der Energiewirtschaft einen Videofilm und verbreiteten diesen, in dem sie die Rolle der Gewerkschaft \u201eZhanartu\u201c erkl\u00e4rten, die diese dabei gespielt hatte, ihnen in ihrem Kampf beizustehen.<\/p>\n
Die Schauprozesse k\u00f6nnten weitere K\u00e4mpfe entfachen. Und schon sind weitere Verfahren gegen die \u00d6larbeiterInnen aus der westkasachischen Stadt Schanosen geplant. Aber diese k\u00f6nnten Massenproteste mit grunds\u00e4tzlich ansetzenden politischen Streiks ausl\u00f6sen.<\/p>\n
Hohes politisches Vakuum<\/h4>\n
In Kasachstan herrscht ein hohes politisches Vakuum. Die offiziellen Oppositionsparteien, die von den Oligarchen finanziert werden, welche nicht mit Nasarbajew \u00fcbereinstimmen, befinden sich kurz vor dem Zusammenbruch. Die Arbeiterklasse ist zur Zeit die entscheidende politische Kraft, aber es existiert keine Partei, die sie vereint. Die \u201eSozialistische Bewegung Kasachstans\u201c f\u00fchrt eine Kampagne f\u00fcr einen neue Massenpartei der ArbeiterInnen und f\u00fcr eine verfassunggebende Versammlung, in der die ArbeiterInnen und Unterdr\u00fcckten Kasachstans zusammenkommen und demokratisch dar\u00fcber entscheiden k\u00f6nnen, wie das Land gef\u00fchrt werden soll.<\/p>\n
Doch auch andere Kr\u00e4fte versuchen, dieses Vakuum auszuf\u00fcllen. Gruppierungen des rechtsgerichteten politischen Islam, darunter jene, die von Verwandten des Pr\u00e4sidenten Nasarbajew gef\u00fchrt werden, versuchen Raum zu gewinnen. Eine Mehrheit der ArbeiterInnen und Unterdr\u00fcckten ist sunnitisch-moslemisch, aber es gibt auch gr\u00f6\u00dfere religi\u00f6se Minderheiten, darunter die russisch-orthodoxen Christen.<\/p>\n
Wenn die Arbeiterbewegung nicht hinreichend vorbereitet ist, besteht die Gefahr, dass der politische Islam Erfolge erzielt und dass bestimmte Fl\u00fcgel der Oligarchie versuchen k\u00f6nnten, auf dieser Grundlage die Wut der Menschen f\u00fcr ihre Zwecke nutzbar zu machen.<\/p>\n
Das CWI ist fest entschlossen, eine Klassen-Opposition aufzubauen, die bewaffnet ist mit wirklichen sozialistischen Ideen, um die bevorstehende Krise zu \u00fcberwinden. Was die internationale Ebene angeht, so arbeiten wir gemeinsam mit anderen in der Solidarit\u00e4tsgruppe \u201eCampaign Kazakhstan\u201c zusammen, sorgen f\u00fcr internationale Solidarit\u00e4tsaktionen und finanzielle Unterst\u00fctzung, was \u00fcberlebenswichtig ist. Auch in Kasachstan ist das CWI aktiv und f\u00fchrt die K\u00e4mpfe an, an denen die Gewerkschaft \u201eZhanartu\u201c und die \u201eSozialistische Bewegung Kasachstan\u201c sich beteiligen. F\u00fcr das Nasarbajew-Regime l\u00e4uft die Zeit ab. Und das CWI ist fest entschlossen, dass die ArbeiterInnen erfolgreich sein werden.<\/p>\n
Homepage der Solidarit\u00e4tsgruppe \u201eCampaign Kazakhstan\u201c: www.campaignkazakhstan.org<\/h4>\nHomepage von \u201eSozialistischer Widerstand\u201c (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Kasachstan): www.socialismkz.info<\/h4>\n
Homepage des \u201eCommittee for a Workers International\u201c (CWI; dt.: \u201eKomitee f\u00fcr eine Arbeiterinternationale\u201c), deren Sektion in Deutschland die SAV ist: www.socialistworld.net<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
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