Rassismus den Boden entziehen und bundesweit aktiv werden!
von Michael Koschitzki
am Montag 22. Dezember erreichte die Pegida-Demonstration in Dresden ihren vorläufigen, traurigen Höhepunkt. Mehr als 15.000 Menschen schlossen sich ihrer Kundgebung an, wenn auch weniger als vom Veranstalter erwartet.
Sie sind gefährlich, weil sie den Boden für rassistische Übergriffe bereiten und die arbeitende Bevölkerung spalten. Unter dem Deckmantel des Protest gegen Islamisierung wettern sie gegen Flüchtlinge und Muslime. Ihre Anführer sind an Demagogie nicht zu überbieten. Sie beklagen die Opfer des Terrors durch den islamischen Staat und organisieren jeden Montag Demos gegen die Menschen die ja gerade vor dem Terror des IS fliehen. Den Anführern von PEGIDA geht es allein darum, den Rassismus zu schüren. Dieser Rassismus hilft dabei nur denjenigen, die wirklich für Wohnungsmangel, soziale Ungerechtigkeit und Kriege verantwortlich sind. Gleichzeitig wähnen sich Nazis durch die Ideen bundesweit im Aufwind. Es gibt einen rasanten Anstieg von Gewalttaten und Anschlägen, wie der Brandstiftung an Flüchtlingsunterkünften in Vorra bei Nürnberg. Was kann dagegen getan werden?
Gegenproteste stärken
Bundesweit gibt es Proteste gegen Pegida & Co. In Dresden waren in den letzten Wochen bis zu 9.000 Menschen gegen Pegida auf der Straße – am Montag jedoch nur 4.500. Auch in anderen Städten gibt es Widerstand. Herausragen die bis zu 25.000 Menschen, die in München unter dem Motto „Platz da! – Flüchtlinge sind willkommen“ . Gemeinsam gegen Pegida, Rassismus und Hetze“ demonstrierten. Die Nachahmer von Pegida entpuppten sich nicht selten schnell als Initiativen von Nazis und Rechtsradikalen und bekamen nicht den Zulauf, wie ihr Dresdner Vorbild. Größere Teile der AfD sprangen auf den Zug auf. Gegen die „Bla-Gida“ Ableger bildeten sich rasch Initiativen und Gegenproteste, um sie im Keim zu ersticken.
So waren am Montag 22. Dezember neben München, zum zweiten Mal mehr als 2.500 Menschen in Bonn auf der Straße, in Kassel 2000. In Nürnberg gab es eine Lichterkette. Auf breiter Front muss der Spaltung des Rassismus die Einheit im Kampf für soziale Verbesserungen entgegen gestellt werden. Und es müssen Argumente und die Wahrheit gegen die Hetze von Pegida und Co. in die Bevölkerung getragen werden. Hier sind vor allem Gewerkschaften und DIE LINKE gefordert, die bisher viel zu wenig machen. Auch dort wo es noch keine Pegida-Ableger gibt, könnten im Januar montägliche Kundgebungen gegen Rassismus organisiert werden.
Gerade die Gewerkschaften sollten verstehen, dass sie direkt vom Rassismus und dem damit einhergehenden Stärkung von Faschisten bedroht sind. Eine zunehmende Spaltung entlang der Herkunft untergräbt ihre Stärke im Kampf. Beispielsweise arbeiten beim derzeit streikenden Betrieb Amazon Beschäftigte aus circa fünfzig verschiedenen Nationen. Aus Polen reiste eine Gewerkschaftsdelegation an, um sie zu unterstützen, denn von dort wird ein Teil des Versandgeschäfts derzeit abgewickelt. Wenn die KollegInnen gespalten werden oder gegen sie gehetzt wird, kann ver.di den Kampf nicht gewinnen. Die Gewerkschaften sollten massenhaft zu Protesten gegen Pegida und Rassismus mobilisieren und in den Betrieben eine Aufklärungskampagne über Betriebsversammlungen, Vertrauensleutetreffen, Flugblattverteilungen etc. durchführen. In Kassel gab es beispielweise bereits eine Betriebsversammlung zu Kagida bei VW. Sie sind auch gefordert, Flüchtlinge aufzunehmen und für sie zu kämpfen. Nicht selten, waren sie in ihren Herkunftsländern auch aktive GewerkschafterInnen und baten beispielsweise in Hamburg und Berlin um Aufnahme.
Viele LINKE-Mitglieder sind vor Ort schon an den Gegenprotesten beteiligt. Das sollte nun flächendeckend getan werden und der Parteivorstand sollte eine bundesweite Kampagne zu dieser Frage organisieren und den Kampf gegen Rechts zu einer Hauptpriorität erklären.
Rassismus den Boden entziehen
Die rassistischen Proteste und die Vorurteile gegenüber Flüchtlingen und MigrantInnen nähren sich aus Abstiegsängsten nicht zuletzt der so genannten Mittelschicht. Die Ängste werden durch einen Berg von Lügen über ansteigende Kriminalität usw. geschürt. Um dagegen vorzugehen, kann sich nicht auf die Medien verlassen werden. Während einige Medien versuchen Pegida zu entlarven, gießt beispielsweise BILD Öl ins Feuer. Wie BILGblog aufzeigte, hatten sie eine Geschichte über angebliche muslimische Weihnachtsgesänge in Kirchen frei erfunden und extra lanciert. Statt dessen ist eine breite Aufklärungskampagne nötig. Dazu gehört einerseits mit guten Flugblättern und Diskussionen in Stadtteilen, Schulen und Betrieben über die Fakten und tatsächliche Lage zu informieren.
Andererseits braucht es auch Antworten von links auf tatsächlich bestehende Probleme. Pegida, AfD & Co versuchen realen Mangel an Wohnraum, schlechte Gesundheitsversorgung und Bildungsprobleme für ihre Propaganda auszunutzen. Dagegen muss deutlich gemacht werden, dass es deutsche Politiker und kapitalistische Konzerne sind, die diese Probleme verursacht haben und ihr Reichtum für unsere Armut verantwortlich ist.
Bundesweit in die Offensive kommen
Um die Dynamik von Pegida, AfD & Co zu stoppen, ist es wichtig, dass die Gegenproteste überall größer werden als deren Mobilisierungen. Es wird aber nicht reichen, ihren Terminen hinter her zu laufen, sondern AntifaschistInnen, LINKE und Gewerkschaften müssen selbst in die Offensive gehen. Dazu wäre ein möglicher Schritt die bundesweit bestehenden Proteste zusammen zu fassen und in den nächsten Monat bundesweit zu einer zentralen Großdemonstration gegen Rassismus und für soziale Gerechtigkeit und demokratische Rechte zu mobilisieren. Das Potenzial viele zehntausend Menschen zu mobilisieren ist zweifelsfrei da. Ausgehend davon könnten lokale Proteste gestärkt und jede Form von Rassismus zurückgedrängt werden.
Staatlichen Rassismus und Sozialabbau bekämpfen
Pegida, AfD & Co können auf dem aufbauen, was bürgerliche Parteien jahrelang vorbereitet haben. Durch die Debatten über wirtschaftliche Verwertbarkeit von MigrantInnen, Schlagzeilen über angeblich faule Griechen, den Terrorismusverdacht gegen Menschen mit Kopftuch und durch Repression gegenüber Flüchtlingsbewegungen haben sie Vorurteile geschürt. Selbst die Grünen, die in Wahlkämpfen Plakate für Flüchtlinge hängen, haben der Asylrechtsverschärfung im Bundesrat zugestimmt. Menschen fliehen vor Kriegen, die auch mit deutschen Waffen geführt werden. Flüchtlingsunterkünfte werden nicht selten in Gebäuden eingerichtet, die früher mal Schulen oder Altersheime waren, bevor sie gekürzt wurden. So trägt Aufrüstung, staatlicher Rassismus und Sozialabbau eine Mitverantwortung für die Entwicklung von Protesten wie Pegida.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht hilfreich, wenn gemeinsam mit denjenigen, die sowohl für Sozialabbau, Wohnungsnot, Niedriglöhne und Zukunftsängste, als auch für den staatlichen Rassismus verantwortlich sind, nun eine gemeinsame Front gegen Pegida gebildet wird. Altkanzler Gerhard Schröder forderte den „Aufstand der Anständigen“. Ausgerechnet Gerhard Schröder, der für den größten Sozialabbau in der Geschichte der Bundesrepublik verantwortlich ist, jetzt auf den Gehaltslisten von Konzernen steht und schon zu Amtszeit als „Genosse der Bosse“ bezeichnet wurde. Er verwies auf die Demonstration im Jahr 2000 wo 200.000 Menschen gegen Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus demonstrierten. Schon damals verwiesen Jugendliche bei der Demo mit Schildern der SAV darauf, dass es „unanständig ist, Flüchtlinge abzuschieben, Sozialabbau zu betreiben und Kriege zu führen“. Der Aufstand der Anständigen hatte nicht dazu geführt, dass die Nazis, gestärkt durch Unterstützung des Verfassungsschutz und mit rechtem Protest gegen Hartz IV, gestoppt werden konnten.
Solche Proteste der Regierung sind unglaubwürdig und treiben im Zweifelsfall nur zusätzliche Menschen in die Arme der Rassisten. Gewerkschaften und LINKE müssen eine unabhängige Antwort geben, sich nicht an CDU/CSU und SPD orientieren, sondern deutlich machen, dass der gemeinsame Kampf von deutschen und migrantischen ArbeitnehmerInnen und Erwerbslosen für höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen, niedrigere Mieten und ausreichende Sozialleistungen das beste Mittel im Kampf gegen Nazis, Pegida und Rassismus ist. Anstehende Tarifrunden, wie in der Metallindustrie, dem öffentlichen Dienst der Bundesländer und den Sozial- und Erziehungsdiensten, Kämpfe wie bei Amazon und Kik, Kampagnen gegen Mieterhöhungen und Wohnungsnot etc. sollten deshalb mit dem Kampf gegen Rassismus verbunden werden und die Politik der Bundes- und Länderregierungen offen kritisieren.